Christine Nöstlinger lächelt uns noch einmal an
Die Adventzeit bringt eine der interessantesten Veröffentlichungen dieses so merkwürdigen Jahres: „A schenes Lem! Die Nöstlinger Songs“ von Gerald Votava ft. Walter Soyka.
Der Schauspieler, Musiker und Kabarettist Gerald Votava hat die letzten Gedichte der großen Schriftstellerin Christine Nöstlinger vertont. Entstanden sind dabei 22 Miniaturen zwischen Wienerlied, Alternative-Pop und Kunstlied, begleitet nur von Votavas Gitarre und dem wunderbaren Ziehharmonika-Spiel von Walter Soyka, bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Ernst Molden.
In ihren letzten Lebensjahren wollte die 2018 verstorbene Nöstlinger nicht mehr schreiben, zumindest keine Kinderbücher, erinnert sich Votava: „Sie hat gesagt, sie umschleicht den Computer wie einen Feind. Sie hat aber offenbar immer wieder Gedichte geschrieben.“
Votava trat schon 2011 im Rabenhof bei dem Nöstlinger-Programm „Iba de gaunz oamen Leit“ auf, 2016 spielte er im Film „Maikäfer flieg“ ihren Vater. Bei einer Ehrung Nöstlingers sang er ein Lied für sie: „Da hat sie mich angelächelt, das war ein schöner Moment.“
Lose Blätter
Der Kontakt zwischen beiden riss nie ab: „Und eines Tages hat sie mit 22 lose Blätter mit den Gedichten in die Hand gedrückt.“ Diese Gedichte erschienen 2019 als Buch, bei der Festwochen-Eröffnung las Votava gemeinsam mit Ursula Strauss daraus.
Dass daraus schließlich Lieder wurden, war ein langsamer Prozess. Votava lernte die Texte und sprach sie sich beim Spazierengehen vor: „Ich bin einfach dem Text gefolgt, der Sprachmelodie, habe zuerst den Rhythmus gefunden, dann die Musik.“
Walter Soyka hat dann „seine Welt“ dazu gefügt, wie Votava es nennt: „Es gibt wenige, die das Wienerische so ausdrücken können wie Walter.“
Die Texte sind einerseits gnadenlos – „das ist ihre Stärke!“ – andererseits aber auch sehr komisch. Votava: „Wir haben es schon auch lustig gehabt beim Lesen.“ Nöstlinger beschreibt Szenen aus dem Wien von heute, die Zuneigung, die Gewalt, den Abgrund, den Alkohol, die Armut. „Und es gibt auch die Reflexion des Lebensendes.“
Die Vertonungen sind, und das ist ihre große Stärke, lakonisch, die drängen sich nicht auf. Votava: „Ich wollte mich nicht reinhängen, es ist sehr direkt geworden. Die Sprache hat eine schöne Grundkargheit, sie schmeichelt nicht.“
Hören
Viele Menschen hätten sich an Hörbücher gewöhnt, meint Votava: „Dadurch haben viele gelernt, auch abseits von Ö3 zu hören.“ Es sei ein Album, das man gut alleine hören kann: „Es ist wie eine Reise, man trifft auf Wien und seine Leute. Ich hoffe, dass das Album Menschen erreicht, die damit eine Freude haben.“
Ein Konzert zur Präsentation ist für 14. Februar im Stadtsaal Wien vorgesehen. Auch die Formation Familie Lässig – neben Votava singen und musizieren da Manuel Rubey, Clara Luzia, Gunkl, Boris Fiala und Cathi Priemer – plant eine Tournee.
Auch als Schauspieler würde Votava „urgerne“ wieder arbeiten: „Mal schauen. Ich gehe ja gerne aus meiner Blase raus. Wer weiß?“
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