Christian Dolezal: "Theater soll ein Fest der Freude sein"

Christian Dolezal spielt in neuer Don Quijote-Version
Der Schauspieler und Haag-Intendant über Sommertheater, seine Kabarett-Programme, die „Schlawiner“ und die Rolling Stones

Es ist nahezu unmöglich, mit Christian Dolezal nicht über die Rolling Stones zu reden. Der 48-jährige Schauspieler und Intendant der Sommerfestspiele in Haag ist bekennender Fan. (Seine Lieblingsplatten sind die, die sonst keiner mag – „Undercover“, „Dirty Work“, aber auch „Their Satanic Majesties Request“).

Dass die heurige Produktion in Haag coronabedingt abgesagt werden musste, tut ihm „richtig weh“. Dolezal: „Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, und ich habe das so in meiner DNA drinnen – wenn ich nichts hackl’, dann bin ich nichts wert.“

Kein Theatermuseum

Gespielt hätte man Nestroys „Der Zerrissene“ – in einer „entzückenden, gescheiten, modernen Fassung von Dominic Oley“.  Es ist ja das Konzept in Haag, alte Stoffe neu aufzubereiten. „Damit es keine anachronistische Veranstaltung wird. Es tut mir weh, wenn ich das Gefühl habe, ich bin im Theatermuseum.“

Die Absage sei unvermeidlich gewesen. Dolezal: „Ich will keine Sommerkomödie spielen vor maskentragendem, halb leeren Haus. Das wäre auch wirtschaftlich unsinnig. Und ein Sommertheaterabend soll ja auch ein Fest der Freude sein, wo man miteinander trinkt und feiert.“ Die Premiere ist jetzt auf 2021 verschoben, Dolezal hofft, das Dominic Oley Zeit für die Regie hat, denn das Bühnenbild und das Regiekonzept seien schon fast fertig.

Buh!

Untätig ist er dennoch nicht. Am 10. Oktober bringt er gemeinsam mit Christoph Grissemann ein Duo-Programm am Rabenhof heraus.  Titel: „Buh“. Untertitel: „Jammern auf niedrigstem Niveau“. Dolezal: „Da rammen wir uns als Künstler gegenseitig in den Boden – und ziehen auch lustvoll über andere her.  Wir arbeiten derzeit daran und sterben vor Lachen.“

Dolezal schreibt außerdem an einem Solo-Kabarettprogramm. Wunderschöner Titel: „Herzensschlampereien“. Seinen Zugang erklärt er so: „Es gibt ja diese Romantik-Klischees, Sonnenuntergang, Candle-Light-Dinner … ich habe diese Situationen nie als romantisch empfunden. Für mich ist es romantisch, am Samstagvormittag mit einer Frau zum Bipa zu gehen. Oder ihr mit den Starterkabeln Starthilfe zu geben. Jeder will Liebe erfahren und scheitert auf dem Weg dahin an seinen eigenen Unzulänglichkeiten. Das ergibt sehr skurrile Geschichten, die ich als Poesie empfinde.“  Das Stück wird im Februar im Rabenhof herauskommen.

Inszenieren wird Paul Harather, mit dem Dolezal bei der Comedy-TV-Serie „Schlawiner“ erfolgreich zusammengearbeitet hat. Im Frühjahr wurden spontan zwei aktuelle Folgen gedreht und online veröffentlicht. Dolezal: „Die wurden wirklich grandios, absurd lustig.“ Das Thema Covid  wurde „hart gestreift, dennoch blieb jeder in seiner Figur“. Die Serie wechselte vom ORF zu ServusTV. „Die Dreharbeiten waren ein Riesenspaß, und dadurch kam ich wieder in die Gänge, etwas zu arbeiten.“ Dolezal hofft auf eine Fortsetzung.

Dolezal hat wie viele andere auch die Zwangspause als lähmend empfunden. „Ich wollte schreiben, aber ich bin anfangs nur zu Hause rumgelegen und hab mir meine Platten angehört. Mir fällt ja etwas ein, wenn ich etwas Künstlerisches erlebe. Ich brauch das, auf Konzerte gehen und ins Theater.“

Kaffeehaus

Geschrieben hat er dann in seinem Stammcafé, dem Café Nest in Sievering. „Ich hatte nichts anderes zu tun als dort den ganzen Tag zu sitzen und am Text herum zu blödeln.“ Dolezal kann in Kaffeehäusern einfach besser schreiben. „Ich arbeite ganz schlecht zu Hause, obwohl ich mir zum Arbeiten extra einen neuen Tisch anfertigen habe lassen und eine neue Sitzbank. Das hat aber nichts geholfen. Ich will raus.“

Seine persönliche Situation sei trotz Krise  nicht prekär, sagt Dolezal. „Da ich keine Kinder und in den vergangenen Jahren gut verdient habe, muss ich mir derzeit keine Sorgen machen, ob ich meine Miete bezahlen kann. Aber lang geht sich das auch nicht aus. Ich bin freischaffender Schauspieler und habe keinen Geldspeicher zu Hause.“

Griechenland

Dolezal schätzt das Alleinsein. „Ich fahre einmal im Jahr zum Surfen auf eine griechische Insel, wo es nichts gibt außer Steine und Wind. In Haag muss ich als Intendant ja immer wochenlang ganz viel reden, mit den Schauspielern, den Gästen, den Sponsoren… und auf dieser Insel habe ich gar nichts geredet. Ich finde das herrlich.“

In der Lockdown-Zeit habe er sich ein Buch über die Rolling Stones gekauft (da sind sie wieder!), erzählt Dolezal. „Ein Buch mit Hintergrundgeschichten zu jedem einzelnen Song. Dadurch habe ich meine Lieblingsplatten ganz neu erlebt.“ Den neuen Corona-Song der Stones – „Living In A Ghost Town“ – findet er „grandios“: „Super, dass die das noch so geil können!“ Bei den Stones mag er die Blues-Stücke weniger – „ich mag bei ihnen den Pop, den Rock und den Funk“.

Dolezal ist selbst ein begabter Gitarrist und Sänger. „Dankeschön. Aber mir macht Musikmachen nur Spaß, wenn ich eine Band habe, und das habe ich derzeit nicht.“ Er überlegt, in seinem Programm das Stück „Underwear“ von Pulp zu singen. Dolezal: „Weil ich eine Szene habe, in der ich davon erzähle, dass ich eine ganz besondere Frau gerne in der Unterhose sehen will.“

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