"Musik ist eine Friedenstaube"

"Musik ist eine Friedenstaube"
Starsängerin Cecilia Bartoli über ihre neue CD, Opernklischees und die triste Situation in Rom.

Cecilia Bartoli ist die erfolgreichste Klassikkünstlerin der Welt. An die zehn Millionen Tonträger hat die gebürtige Römerin in ihrer Karriere bereits verkauft, mit unzähligen Preisen wurde sie geehrt, sie kommt mit ihren Aufnahmen sogar regelmäßig in die Popcharts.

Wenn Bartoli also ein neues Album vorstellt, erinnert das mehr an einen gigantischen Staatsakt als an die üblichen eher tristen Präsentationen. In der abgelaufenen Woche stellte sie die CD mit dem schlichten Titel "St. Petersburg" vor – im Spiegelsaal von Schloss Versailles. Einen solchen Aufwand betreibt keine andere Sängerin.

Die großen Zarinnen

Auf "St. Petersburg" besticht die Italienerin nicht nur als Gestalterin, sondern wieder einmal als Forscherin: Sie präsentiert Musik, die im 18. Jahrhundert für den russischen Zarenhof entstand, für die Zarinnen Anna Ivanowna, Elisabeth Petrowna und Katharina die Große. Arien von wenig bekannten Komponisten wie dem Deutschen Hermann Raupach sind darunter. Oder von Italienern wie Domenico dall’Oglio, Luigi Madonis, Francesco Manfredini oder Francesco Domenico Araia. Letzterer brachte 1736 als erster Komponist eine Oper in Russland zur Aufführung und komponierte auch die erste Oper auf ein russisches Libretto ("Tesfal i Prokris").

Der KURIER traf Bartoli, die auch als künstlerische Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele Erfolg hat, in Versailles zum Interview.

KURIER: Wie entstand die Idee zu diesem außergewöhnlichen Projekt?

Cecilia Bartoli: Ich war schon lange auf der Suche nach Musik von Araia. Aber ich habe sie immer in Italien gesucht und nichts gefunden. Irgendwann wurde mir klar: Ich muss in St. Petersburg suchen. Tatsächlich liegen diese Schätze dort, im legendären Archiv des Mariinsky-Theaters, sie durften nie in andere Länder. Das Problem war nur: Das Archiv ist nicht zugänglich.

Wie haben Sie es dann geschafft, dort hineinzukommen?

Ich war mindestens vier oder fünf Mal dort und stand vor verschlossenen Türen. Einmal bin ich sogar vier Tage lang mit einem Eisbrecher von Lübeck aus angereist – das ist für eine Römerin ein besonderes Erlebnis. Letztlich hat Valery Gergiev (künstlerischer Chef des Mariinsky, Anm.) sehr geholfen. Und alle Mitarbeiter im Archiv haben mich unterstützt.

Warum ist die Präsentation dann in Versailles und nicht in St. Petersburg erfolgt?

Diese CD ist ja kein rein russisches Projekt, sondern ein italienisch-russisches. Schon als wir den Ort der Präsentation beschlossen haben, knapp vor den Olympischen Spielen in Sotschi, war die politische Lage in Russland unklar. Uns ging es aber nicht um aktuelle Politik, sondern um die Musik und ihre Kraft. Vor 300 Jahren haben die russischen Zarinnen schon Komponisten aus dem Westen eingeladen, als künstlerische Botschafter. Daran kann sich die Politik auch heute noch ein Beispiel nehmen. Musik ist wie eine Friedenstaube. Wir sind schließlich auch deshalb auf Versailles gekommen, weil am russischen Hof französisch gesprochen wurde. Die Musik hat uns die Türen nach Versailles geöffnet.

Wie fühlt man sich als Sängerin in diesem imperialen Rahmen?

Man fühlt sich unglaublich, wenn man durch das Schlafzimmer von König Ludwig XIV. in den Spiegelsaal geht, wie in einem Traum.

Aber gerade Versailles war auch das Symbol für Reichtum und nicht für Demokratie.

Ja, doch die Komponisten wollten immer, dass ihrer Musik von vielen Menschen gehört wurde. Und einige, wie etwa Mozart, haben in ihren Werken freche politische Botschaften versteckt. Dass Oper nur etwas für reiche Menschen wäre, ist auch ein Klischee. Wenn ich mir die Kartenpreise für Popkonzerte anschaue – die sind mittlerweile so hoch wie für Opernaufführungen. Wenn dann junge Menschen, wie zuletzt nach der "Cenerentola" in Salzburg, zu mir kommen und sagen, "das war wirklich cool" – dann freut mich das besonders. Oper ist alles andere als langweilig.

Sie werden auch nach der Intendanz von Alexander Pereira Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele bleiben. Macht dieser Job solchen Spaß?

Ich freue mich sehr, dass ich diesen Job machen darf. Der ist zwar sehr anstrengend, aber auch sehr schön. Und Salzburg ist ein wunderbarer Ort.

Werden Sie unter Pereira auch an der Scala, wo Sie fast zwei Jahrzehnte nicht waren und bei Ihrem Comeback das Publikum spalteten, wieder singen?

Ja, ein Konzert zum Abschluss der Weltausstellung. Ein Vivaldi-Programm, mit dem Ensemble I Barocchisti unter Diego Fasolis, mit denen wir auch die CD eingespielt haben.

Ihr Kommentar zur tristen Situation an der römischen Oper, die enorme Finanzschwierigkeiten hat und von der sich Musikdirektor Riccardo Muti zuletzt zurückgezogen hat?

Schrecklich,was dort passiert. Jemanden wie Muti lässt man nicht gehen. Aber es war auch sicher für ihn schmerzhaft. Meine Eltern haben im Chor der römischen Oper gesungen. Und ich hatte dort mit neun Jahren als Hirtenknabe in "Tosca" meinen ersten Auftritt. Mit 19 habe ich dann die Rosina, meine erste große Rolle, in Rom gesungen. Ich habe also ein großes Naheverhältnis zu diesem Haus.

Hat die römische Oper Zukunft?

Sie muss Zukunft haben. Das ist immerhin das Opernhaus der italienischen Hauptstadt. Jetzt muss die Politik dringend ein Zeichen setzen.

Treffen Sie Cecilia Bartoli persönlich

Die CD Das Bartoli-Album, „St. Petersburg“, präsentiert großteils italienische Komponisten am russischen Zarenhof. Diego Fasolis dirigiert I Barocchisti. Mit dem KURIER-Gutschein, den Sie hier finden, erhalten Sie das Album um vier Euro billiger und zahlen nur 9,99 Euro.

Gewinnspiel Erleben Sie Cecilia Bartoli live. Mit ein bisschen Glück können Sie 2 x 2 Konzertkarten inklusive einem „Meet & Greet“ mit Cecilia Bartoli für das Konzert „St. Petersburg“ am 28. November 2014 im Wiener Konzerthaus gewinnen.

Jetzt bis zum 21. November beim Gewinnspiel von Universal Music mitmachen unter http://umusic.ly/bartoli_kurier2014
Alle Infos und die detaillierten Teilnahmebedingungen finden Sie nur unter: http://umusic.ly/bartoli_kurier2014 Teilnahmeschluss: 21. November 2014

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