Caroline Peters: "Reißerisch im guten Sinne"

Caroline Peters: Burg-Star und beliebte TV-Kommissarin
Der Burg-Star spielt ab Donnerstag die Clara in "Das Geisterhaus".

In der Dramatisierung von Isabel Allendes Bestseller ist August Diehl als Esteban ihr Bühnenpartner.

KURIER: Wie verliefen die Proben bisher?

Caroline Peters: Gut! Es ist wahnsinnig viel Stoff (lacht). Der Roman ist sehr lang.

Vorsichtig formuliert...

Und wir haben enorm viele Personen, viele kleine Begebenheiten, die alle mit Auf- und Abtritten, mit Requisiten, mit Organisation zu tun haben. Und damit kämpfen wir gerade ein bisschen.

Wie bringt man einen solchen Riesenroman überhaupt auf die Bühne?

Das fragen wir uns gerade auch (lacht). Man greift halt die Stränge der Handlung heraus, die man am wichtigsten findet, die die meisten Zusammenhänge bieten und die am bildhaftesten sind. Anhand derer man neben dem Familien-Plot auch noch etwas anderes ablesen kann, über Chile, über Salvador Allende, über ein Land, in dem es permanent Putsche und Erdbeben gibt, in dem viele Menschen an Magie glauben. Und über die historische Bedeutung: Dass da zum einzigen Mal in der Geschichte der Menschheit ein kommunistischer Führer durch Wahlen an die Macht kam.

Die Geschichte Salvador Allendes ist fast schon legendenhaft.

Caroline Peters: "Reißerisch im guten Sinne"
APA16671224 - 27012014 - WIEN - ÖSTERREICH: Caroline Peters (l.) als Clara und August Diehl als Esteban Trueba während einer Probe des Stückes "Das Geisterhaus" das am 30. Jänner 2014 am Akademietheater in Wien Premiere hat. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Ja, absolut. Ikonografisch! In Chile war lange vor Allendes Ende der Putsch eine gängige Praxis, es gab etwa 40 Putsche, was ich vorher nicht genau wusste. Allende war selbst als junger Mann bei einem Putsch in der Moneda, als Arzt, dabei. . Diese Form des Kreislaufs, der ewigen Wiederholung, greift Isabell Allende sehr stark in ihrem Roman auf. Das ist für die Bühne gar nicht einfach, denn auf der Bühne will man sich nicht im Kreis drehen – sondern immer nach vorne.

Haben Sie das Buch gelesen?

Das Buch hatte ich schon früher gelesen, ich glaube, als ich noch zur Schule gegangen bin, aber ich habe mir jetzt den Film extra angesehen. Ich habe viele Sachen von Allende gelesen, weil ich es so mitreißend fand. Inzwischen finde ich es auch, muss ich ehrlich sagen, ein bisschen schmonzettig. Reißerisch, im guten Sinne. Den Film fand ich nicht so toll. Eine Riege von Weltklasseschauspielern, die keine richtigen Szenen hatten, sondern holzschnittartige Bilder darstellen mussten.

Romanverfilmungen enttäuschen ja oft, denn man hat seinen eigenen Film im Kopf. Tut man sich auf der Bühne leichter?

Im Theater sind die Bilder zeichenhafter, im Film ist es ja realistisch, und dann bin ich enttäuscht, wenn es nicht meinem inneren Auge entspricht. Auf der Bühne ist es anders: Es bleibt abstrakter – und ist gleichzeitig konkreter, weil man ja echte Menschen vor sich sieht. Insofern sind Romanadaptionen für die Bühne besser geeignet als für den Film.

Ihre Figur, die Clara, ist herrlich.

Ja, ich finde das mit dem Zaubern so schön. Wie wir das machen, kann ich nicht verraten (lacht). Sie schwebt über allem drüber. Sie ist es, die dem gewaltbereiten Ehemann die Stirn bietet, aber immer nur durch Nichts, durch Schweigen. Sie heiratet ihn aus einer Mission heraus – nicht, weil sie ihn liebt. Es geht darum, diesen gewalttätigen Typen wie einen Kiesel im Sand abzureiben. Irgendwann sind dessen Kanten weg. Und das ist die Spur, die uns auch zu Salvador Allende führt. Er hat 20 Jahre lang Wahlkampf gemacht – bis er an die Macht kam. Ohne Gewalt.

Ist es schwierig, eine Frau mit übersinnlichen Fähigkeiten darzustellen?

Ja, natürlich! Man möchte ja Schweben können. Und man möchte Zaubertricks machen... Im Film sitzt dann Meryl Streep am Tisch und die Salzfässer fliegen hoch – aber beeindrucken tut es einem trotzdem nicht, denn man weiß ja, dass da Requisiten gezogen werden.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Regisseur Antú Romero Nunes? Er ist bei uns kaum bekannt.

Ich kannte nur eine Arbeit von ihm. Der Stoff liegt ihm nah, er ist ja in Chile geboren. Es ist schön beim Arbeiten, dass er chilenische Vorfahren hat und Anekdoten aus Chile beitragen kann. Wenn man über eine Stelle nicht drüber kommt, sagt er dann zum Beispiel: Doch, das ist total chilenisch, dass man sich so verhält, da kann ich dir eine Geschichte von meinem Cousin erzählen ... Seine Mutter ist wegen des Putsches geflohen, und sie sagt, sie erinnert sich an diese Zeit immer nur in Form von Liebesgeschichten (lacht). Und das ist im Roman ähnlich – die politischen Ereignisse sind immer Teil des privaten Lebens.

Im Film wird die Clara von Meryl Streep verkörpert. Kommt man in Versuchung, das ähnlich zu machen?

Ja, am Anfang auf jeden Fall. Und nach zwei Wochen habe ich dann gesagt: Jetzt müssen wir dieses Merylstreepige wieder aus mir rauskriegen!

Warum gibt es derzeit so viele Adaptionen von Romanen und Filmen für die Bühne?

Ich glaube nicht, dass es zu wenig neue Stücke gibt. Aber das Problem ist: Moderne Stücke ziehen nicht genug Publikum ins Theater. Dazu braucht man bekannte Titel. Ich verstehe ja jüngere Leute am Theater, die sagen: DAS ist jetzt meine einzige Chance, mich zu profilieren? Den 2000. Hamlet zu erzählen? Gibt es nicht einen Stoff, der mir mehr entspricht?

Sie arbeiten seit Jahren intensiv mit René Pollesch zusammen, der sich ja seine eigenen Stoffe entwickelt.

Für mich war er ein Wink des Himmels! Als junge Schauspielerin in Hamburg war ich total unglücklich mit dem klassischen Repertoire, ich habe nirgends hineingepasst. Da war es wunderbar, jemanden zu treffen, der Rollen für einen schreibt – und die Texte kann man mitgestalten. Damals hieß es auch immer, man muss klassische Rollen gegen den Strich bürsten. Ich habe aber bei Andrea Breth angefangen und total verinnerlicht, dass man das eben nicht macht. Von diesem Zwiespalt hat mich Pollesch befreit, weil er mir Texte gab, die ich so spielen konnte, wie sie dastanden.

Heute haben Sie auch wieder Freude am klassischen Repertoire?

Ja! Und jetzt würde ich gerne Strindberg spielen, Botho Strauß, Ibsen ... Da wartet jetzt viel! Das ist die schöne Seite des miesen Alterungsprozesses, dass mir das klassische Repertoire endlich spielbar vorkommt.

Wie ist denn Stimmung an der Burg, jetzt, da in der Öffentlichkeit nur von Finanzaffären die Rede ist?

Sie ist im positiven Sinne verdrängerisch. Man kommt rein und sagt: Wir reden jetzt gar nicht darüber, wir reden jetzt über das Stück! Das Ganze ist derzeit wie ein Krimi, wie ein Fortsetzungsroman, man bekommt jeden Tag eine neue Information. Es wird vermutlich noch eine Weile dauern, bis man sich ein Bild machen kann. In „Onkel Wanja“ fällt der Satz: „Da ist ein Revisor zu uns unterwegs.“ Das war früher immer ein Lacher. Jetzt ist es an der Stelle totenstill.

Wie schädlich ist diese Debatte für das Burgtheater?

Ich hoffe, das Ganze führt nicht zur Beschädigung der Institution des subventionierten Theaters an sich – denn diese halte ich für wahnsinnig wichtig für eine Kulturnation. Denn hier gehen die Menschen freiwillig ins Theater. In Deutschland dagegen ist Theater nur etwas für eine elitäre Schicht. In Österreich gehen die Leute ins Theater, wie in Frankreich ins Kino – wie in ein gutes Restaurant.

Sie sind ja auch eine bekannte TV-Ermittlerin – Kommissarin Sophie Haas aus der Erfolgsserie „Mord mit Aussicht“. Wie geht es weiter?

Wir drehen jetzt bis Juni die dritte Staffel fertig, 13 neue Folgen, sie laufen ab Herbst. Diese Serie macht wirklich Spaß. Sie ist komisch, situationsstark – sie ist komisch wegen der Charaktere, nicht, weil Torten geschmissen werden. Obwohl auch das nicht immer zu verachten ist (lacht).

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