Burgtheaterschauspielerin Gertraud Jesserer bei Wohnungsbrand gestorben
45 Jahre gehörte sie zu den beliebtesten Darstellerinnen Österreichs: Nun ist Gertraud Jesserer gestorben. Sie ist am Donnerstagabend kurz vor ihrem 78. Geburtstag bei einem Wohnungsbrand in Wien-Alsergrund ums Leben gekommen. Das bestätigte ihr Sohn Michael Vogel am Freitag der APA. Die Charakterdarstellerin stand in vielen wesentlichen Produktionen der österreichischen Theaterlandschaft auf der Bühne, prägte mit der „Familie Leitner“ heimische Fernsehgeschichte und arbeitete mit Diven wie Romy Schneider oder Catherine Deneuve.
Geboren wurde Gertraud Jesserer am 13. Dezember 1943 in Wien. Schon als 14-Jährige spielte sie an der Seite von Romy Schneider in Rolf Thieles Film „Die Halbzarte“. Mit 16 verließ sie frühzeitig das Wiener Max-Reinhardt-Seminar und debütierte kurz darauf in Franz Molnars „Liliom“ am Wiener Theater in der Josefstadt, dessen Ensemble sie dann bis 1969 angehörte. Nach Engagements am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg und erneut am Theater in der Josefstadt, kam sie 1973/74 ans Wiener Burgtheater, wo sie bis vor wenigen Jahren gelegentlich als Gast zu sehen war.
Nestroy bis Horvath
Die zarte Schauspielerin überzeugte immer wieder mit kraftvollen Figuren, ihr Repertoire war umfangreich und umfasste komische wie ernste Rollen. In der österreichischen Theaterliteratur - etwa als Salome Pockerl in Nestroys „Der Talisman“, als Marianne in Horvaths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ oder als Frau Muskat im „Liliom“ - fühlte sie sich ebenso wohl wie in der klassischen Dramatik (etwa als Rosalinde in Shakespeares „Wie es euch gefällt“). „Sie ist eine Frau voller Zauber, die Empfindungen in ihre Rollen zu legen vermag - Angst, Staunen, Glück“, streute 2015 anlässlich einer Preisverleihung Michael Horowitz der Aktrice Rosen.
Fernsehgeschichte mit Familie Leitner
Die Schauspielerin wirkte auch in zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen mit. In den fast 100 Folgen der Stegreifserie „Familie Leitner“ schrieb sie als „Gerda“ österreichische Fernsehgeschichte. In TV-Filmen wie Wolfgang Murnbergers „Taxi für eine Leiche“, Esther Wengers „Ein ganz normales Paar“, Benoit Jacquots „Princesse Marie“ oder 2012 mit Thomas Nennstiels „Nicht mit mir, Liebling“ spielte sie an der Seite von Catherine Deneuve, Anne und Heinz Bennent, Karlheinz Hackl und Elisabeth Orth. Im Kino sah man sie 2003 in Peter Payers „Ravioli“ als Mutter von Alfred Dorfer oder 2004 im Psychothriller „Lautlos“.
Zusätzlich war Jesserer immer wieder bei Rezitationsabenden oder etwa bei den Sommerfestspielen auf Schloss Weitra oder der Rosenburg aktiv. 1974 erhielt die Schauspielerin die Kainz-Medaille, 1998 den Nestroy-Ring sowie 2003 das Goldene Wiener Ehrenzeichen, dem sich 2015 die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt in Gold anschloss. Tragisch gestaltete sich dagegen mitunter das Privatleben Jesserers, die mit dem mittlerweile verstorbenen Schauspieler Peter Vogel verheiratet war. Der ältere ihrer beiden gemeinsamen Söhne, Nick Vogel, kam 1991 im Jugoslawienkrieg als Fotoreporter am Flughafen von Ljubljana (Laibach) ums Leben.
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