Man darf hier nicht in die Aufschrift-Falle tappen. „Eh scho wuascht“, steht auf dem Würstelstand, aber natürlich ist im Burgtheater gerade gar nichts „wuascht“: Mit brennendem Herzen geht Martin Kušej ab, schaut im schütteren Schlussapplaus immer wieder zurück, ob nicht doch noch irgendwer ruft „War nur Spaß!“ und seinen Vertrag verlängert.
Aber nein, der Würstelstand steht auf der Bühne der wirklich letzten Premiere der Kušej-Intendanz, und wie so oft beim Begräbnis denkt man sich, das war’s? Man wollte doch so viel im Leben, die Rede über das Erreichte aber fällt bei uns allen beklemmend kurz aus.
Zum Abschluss staubt man also an der Burg eines der bekanntesten Wien-Klischees ab: Am „Zentralfriedhof“ (Uraufführung war am Freitagabend) herrscht Stimmung, leider eher so, wie es die letzten Jahre war.
Der deutsche Regisseur Herbert Fritsch macht sein Herbert-Fritsch-Ding, das bekanntermaßen manchen sehr gut gefällt, manch andere aber so kalt lässt, wie die scheenen Leichen sind, die der Wiener angeblich so gerne schaut.
Fritsch schafft Theater aus Bewegung und dem ihr innewohnenden Witz, hochkarätiges Gauklertum auf Tuchfühlung mit Tanz und Qualitäts-Zirkus und Clownerie und den großen Körperkünstlern des Stummfilmes.
Diesmal lässt er elf Pompfinebrer in der typischen Bestattung-Wien-Ästhetik aufmarschieren (darunter Hans Dieter Knebel, Sabine Haupt, Dorothee Hartinger, Paul Wolff-Plottegg und Arthur Klemt), um den Tod einen Wiener sein zu lassen. Sie füllen den Friedhof, der – typisch Wien, nicht einmal hier sind wir erster – ja nur der zweitgrößte Europas ist, mit Leben: Zu Beginn werden kunstvoll verrenkt Jacken gewechselt, es gibt ein Schaufel- und ein Fahrrad-Ballett, die Hüte der Bestatter drehen sich auf den geschwungenen Pedalen. Am Zentralfriedhof herrscht Schwingung.
Später (nicht viel, das Ganze dauert nur 80 Minuten) werden aus dem Boden sprießende Zombies zurück in die Erde getreten, man springt ins Grab hinein und dank Trampolin prompt wieder heraus, es gibt ein herrlich trauriges Geheule des „Donauwalzers“ und einen emotionalen Kampf durch das Alphabet.
Thriller in Zeitlupe
Wer gerne über verhedderte Körperzustände lacht, hat hier jede Gelegenheit, Kinder würden sich, ginge es nicht so morbid zu, herrlich amüsieren (das ist ein Lob!).
Wer jedoch für Grübeltheater in die Burg geht, wird mit der gut gelaunten Friedhofschoreografie nicht happy sein (und nicht nur das Wortspiel „Hallo Wien“/„Halloween“ abgedroschen finden).
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