Die Antwort auf die populärphilosophisch bekannte Zweitfrage ist erstaunlich einfach: Fünf. Auf so viele Darstellende nämlich verteilt Regisseurin Karin Henkel die Rolle des Hamlet – und läutet mit dieser Reflexion über die Wir-haftigkeit des dänischen Prinzen am 5. September den Neustart an der Burg ein.
Ja, man darf in der frischen Saison wieder „Burg“ sagen: Der neue Chef Stefan Bachmann hat den Bannfluch über die Theaternamenskurzform wieder aufgehoben. Für ihn könne eine, nein: die „Burg“ etwas Freies, Offenes, Durchlässiges, Zugängliches sein, lässt der Schweizer auf der im Digital-Retro-Look neu gestalteten Webseite des Theaters wissen. Martin Kušej wollte das ja nie (das mit „Burg“, natürlich).
Wie offen, durchlässig, vor allem aber: wie nah am Wunschbild der Burgtheatergeher Bachmanns theatralisches Angebot sein wird, das ist die zentrale Frage der kommenden Spielzeit.
Die läutet einen gestaffelten Personalwechsel an den großen Wiener Bühnen ein: Kay Voges spielt noch eine Saison lang Diskurscowboy im Volkstheater, bevor Jan Philipp Gloger übernimmt (am 21. 9. kann man sich bei „Kafka | Heimkehr“ am Grazer Schauspielhaus schon vorab ein Gefühl dafür holen, wie Gloger arbeitet).
Und wieder eine Spielzeit später wird es im Theater in der Josefstadt einen wohl gar nicht kleinen Tonalitätswechsel im Außenauftritt geben, wenn Marie Rötzer von Herbert Föttinger übernimmt.
Vorerst aber schaut man auf die Burg – auf der Webseite von oben, ab Donnerstag von Innen. Nach dem „Hamlet“ lässt Bachmann einen Appetithappen seiner eigenen Arbeit servieren: Am Samstag hat ebenfalls im Haupthaus seine Kölner Inszenierung von „Johann Holtrop“ nach dem Roman von Rainald Goetz Österreich-Premiere. Es geht um die Machthaberei eines Medienunternehmensvorstandes, dessen Haus – auch das inzwischen ein Retro-Gedanke aus besseren Medienzeiten – 80.000 Mitarbeiter hat. (Auf der Bühne zu sehen – und dann gleich wieder bei „Der eingebildete Kranke“ ab 13. 9. – ist auch Bachmanns Frau Melanie Kretschmann).
Bachmann verwandelt „den Büroroman in mitreißendes Tanztheater“, verhieß die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Wie das zusammengeht, das wird den Ausgangspunkt bestimmen, von dem aus Bachmann dann die immer so skeptischen Wiener Theaterherzen zu erobern haben wird.
So eine schwierige Aufgabe wie die theatrale Gewinnung Wiens geht natürlich mit ein bisschen Überforderung leichter von der Hand – deswegen folgt dann gleich am Sonntag die dritte Premiere in vier Tagen: Das über den Sommer renovierte Akademietheater wird mit „Orlando“ nach Virginia Woolf wieder in Schwung gebracht. Und auch dies wird als Ensemble-Präsentationsfläche inszeniert, diesfalls von Therese Willstedt.
Apropos: Bachmann bringt einige – Caroline Peters, Stefanie Reinsperger – zurück und ließ, wie schade!, Christoph Luser ziehen.
Nein heißt ... was?
Das Theater in der Josefstadt geht mit Raimunds „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ am 4. September in die neue Saison.
Es folgt – warum auch immer zeitgleich mit dem „Holtrop“ an der Burg – in den Kammerspielen eine Uraufführung von Ferdinand von Schirach: „Sie sagt. Er sagt.“ (mit Föttinger, Joseph Lorenz, Silvia Meisterle) dreht sich um die Rechtsherausforderungen eines Vergewaltigungsvorwurfs. Und ebenfalls ausgerechnet zur gleichen Zeit startet Voges mit „Bullet Time“ in seine letzte Spielzeit. Vielleicht sprechen sich die nächsten Theaterchefs zumindest besser ab.
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