Burgtheater-Spielplan 2021/22: Premierenfeuerwerk post Pandemie
Die Spielplanpressekonferenz von Herbert Föttinger, dem Direktor des Josefstädter Theaters, findet zwar erst am 23. Juni statt. Aber ein Projekt ließ er bereits heute, Dienstag, bekanntgeben: Claus Peymann, der frühere Burgtheaterdirektor, inszeniert für die zweite Spielstätte, die Kammerspiele, Eugene Ionescos „Der König stirbt“ - mit Maria Köstlinger, Johannes Krisch und Bernhard Schir. Die Premiere werde am 25. September sein. Die Meldung wurde just in jener Stunde veröffentlicht, als Burgtheaterdirektor Martin Kušej zusammen mit seiner Stellvertreterin Alexandra Althoff und Robert Beutler, dem Geschäftsführer, seinen Spielplan darlegte.
Die Pressekonferenz fand, so Kušej, zu einer ungewöhnlichen Zeit (um 9 Uhr) an einem ungewöhnlichen Ort statt: auf der Probebühne I des Burgtheaters im Arsenal - im Grünspan-Bühnenbild für "Maria Stuart". Immer wieder hatte der Direktor Anläufe genommen, die Schiller-Tragödie zu inszenieren, die eigentlich schon im Sommer 2020 bei den Salzburger Festspielen hätte herauskommen sollen. Aber die an den Nerven zerrende Pandemie verunmöglichte dies. Und so wird "Maria Stuart" erst heuer gezeigt - ab 14. August auf der Perner Insel von Hallein und ab 5. September im Burgtheater.
Diese Produktion ist natürlich nicht die einzige, die geschoben werden musste. Und weil es viele weitere Projekte gibt, wird es in der kommenden Saison geradezu ein Premierenfeuerwerk geben: Das opulente Spielzeitbuch (208 Seiten inklusive Register!) listet mehr als 70 Stücke, davon 29 Neuproduktionen, auf. „Die schiere Menge unserer Vorhaben macht mich froh“, stellte Kušej fest.
Das Wort "Corona" vermied er konsequent. Er musste aber eingestehen, dass "C." auf der Bühne nicht zu negieren sein werde: „Ich glaube, dass viele Einflüsse von C. in den Inszenierungen merkbar sein werden, mir vielleicht zu viele.“
Nährboden für den Lärm
Und er verlas ein programmatisches Statement: „Im Rückblick wird diese Pandemie vielleicht einmal als Zeit der Stille gesehen werden, dabei wurde in den letzten Monaten viel gelärmt. (...) Statt Solidarität und Miteinander haben in dieser Zeit Verhärtungen und Feindstellungen zugenommen, und ich bin mir sicher: Die Stille, die Verschlossenheit der öffentlichen Begegnungsräume, war ein Nährboden für diesen Lärm. Umso wichtiger ist es für mich, dass wir Theater als Teil des öffentlichen Raums wieder Ort für Begegnung, für Austausch, für eine gemeinsame Beschäftigung mit literarischen Texten, gesprochener Sprache, anwesenden, fühlenden Körpern sein können! Gegen den Hass und das Geschrei, für Genauigkeit, Zwischentöne und Gemeinsamkeit.“
Auch wenn er selbst Elfriede Jelineks neues Stück „Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!“ nicht als C.-Stück empfindet: Es geht zumindest über all die donnernden Nebengeräusche, darunter um die Verschwörungstheorien. Im Programmbuch ist zu lesen: "Sie haben eigens ein Virus in die Welt gesetzt, um uns zu dezimieren, sie haben Impfstoffe entwickelt, die uns zuverlässig töten werden, wahlweise jagen sie uns auch Mikrochips unter die Haut, um uns bei unseren letzten Zuckungen nicht aus dem Blick zu verlieren."
Jelineks Stück wird diesen Samstag von Karin Beier am Hamburger Schauspielhaus uraufgeführt, die österreichische Erstaufführung folgt am 4. September im Akademietheater (als Saisonauftakt) in der Regie von Frank Castorf. Zwei Wochen später, am 18. September, folgt dessen bereits fertige Inszenierung von Peter Handkes „Zdeněk Adamec“.
Doch nicht nur Jelinek und Handke: Die zeitgenössische Dramatik steht für den Direktor im Zentrum seines Spielplans, die Klassikerpflege, vor allen die österreichische Klassikerpflege wird eher vernachlässigt: Raimund, Nestroy, Grillparzer und so weiter sucht man vergeblich. Aber es gibt acht Uraufführungen und neun Erstaufführungen, darunter "Mädchen wie die" von Evan Placey, "(Ob)Sessions" von Saar Magal, "Stadt der Affen" von Lies Pauwels, "Moskitos" von Lucy Kirkwood, eine Dramatisierung des Monster-Romans „Die Schwerkraft der Verhältnisse“ von Marianne Fritz und so weiter...
Einer der Höhepunkte ist sicher die Uraufführung von „Komplizen“, Simon Stones Verzahnung und Aktualisierung der Maxim-Gorki-Stücke „Kinder der Sonne“ und „Feinde“.
Zudem wird Johan Simons Ödön von Horváths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ inszenieren und Robert Icke sein Stück "Die Ärztin", ein Spin-off aus Arthur Schnitzlers „Professor Bernhardi“. Zudem bringt Kušej, wie bereits exklusiv berichtet, Jean-Paul Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ heraus - im November mit Klaus Maria Brandauer, Dörte Lyssewski und Christoph Luser.
Im Ensemble gibt es auch aufgrund von C. nur wenig Fluktuation: Nils Strunk ist nun Mitglied und Martin Wuttke - an der Berliner Volksbühne involviert - karenziert.
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