Das Bühnenbild - bespielt wird nur die Vorderbühne - sieht aus wie das, was bei einer Kernschmelze zwischen Berggipfel und Sanatorium (rechts unten picken die Zimmerschlüssel) herauskommen würde. Auf diesem Gipfel turnen die vier Schauspieler - Felix Kammerer, Dagna Litzenberger Vinet, Markus Meyer, Sylvie Rohrer - herum, sie alle sind Hans Castorp, der am Zauberberg hängen bleibt, und sie alle sind nicht allein.
Regisseur Bastian Kraft hat die weiteren wichtigen Figuren des Mann'schen Mammutwerkes auch auf diese vier Schauspieler verteilt - und zugleich erweitert: Denn das übrige Personal wird als Videoeinspielung auf die zerklüfteten Dreiecke des Bühnengipfels projiziert; und die Schauspieler synchronisieren diese Videos quasi live: Wann immer eine der Figuren spricht, leiht ein Schauspieler diesem die Stimme.
Gemeinsam Videoschauen
Das ist ein beeindruckender Trick - das Timing ist perfekt, die Dialoge zwischen echten Schauspielern und Videos funktionieren erstaunlich. Es ist aber auch ein wenig Gimmick-haft - und droht, über manche Phase hinweg das Theater zu erschlagen. Man schaut gemeinsam Videos mit Live-Stimme, und davon hat man eigentlich in der Pandemie schon genug geschaut. (Es hilft auch nicht, dass die Darsteller auf den Videos etwas dezidiert Fernsehspielhaftes haben, mit wilden Bärten, und für Synchronisationszwecke überdeutlichem Lippenbewegungen).
Dennoch: Das Rumoren des nahenden Krieges unten im Tal, die auf die Essenz komprimierten Exkurse über Humanismus, Krieg und Wissenschaft (die fatal an heute erinnern), die Vermessung der Krankheit, die mit den entsprechenden Tests in jedem gefunden würde, das alles ergibt einen sehenswerten Abend, der stark ins Jetzt zurückspielt, ohne den Verlockungen einer Aktualisierung zu erliegen.
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