Buchkritik: Simon Strauss hatte "Römische Tage"

Buchkritik: Simon Strauss hatte "Römische Tage"
Die Suche nach Verlorengegangenem und großen Gefühlen endet bei Caesar und Pizza.

Warum man nach Rom fährt:
Weil man ein Teil der Jahrtausende sein möchte.
Weil man glaubt,  sich aus dem Alten neuen Schwung holen zu können.
Und außerdem hofft man, dass es jemandem auffällt, dass man in Rom ist:
Ich in Rom. Rom schaut einen vielleicht an, als wäre man der Erste, der Einzige, als hätte Rom nur gewartet auf mich.
Simon Strauss - Foto oben -  ist schon aufgefallen, als er in Berlin war.  Der FAZ-Journalist (und Sohn des deutschen Dramatikers Botho Strauss) debütierte als Romanautor mit „Sieben Nächte“: die Suche nach verloren gegangenen Werten und großen Gefühlen. Einige Kritiker fanden, damit habe er den Neonazis in die Hände gespielt.
Andere nahmen  Strauss in Schutz, und er selbst meldete zur Beruhigung, er habe nicht vor, ein „Posterboy“ der Neuen Rechten zu werden.
Seinen „neoromantischen Stil“ verteidigte er.

Satte Generation

Romantik ist für ihn nur die Verkleinerungsform  von:
 Rom.
Simon Strauss bzw. sein Erzähler  gönnte sich, wie er die Leser informiert, 231 Jahre und acht Monate nach Goethe  „Römische Tage“.
Er studierte Altertumswissenschaften, und  da ist es verständlich, wenn er sich gleich einmal auf den Largo di Torre Argentina stellt, etwas nördlich vom heutigen Ristorante „Cittá Sovrana“.
An dieser Stelle wurde Caesar erstochen.
Simon Strauss gehört zur Generation der Satten. Außerdem hat er Herzprobleme und denkt ständig ans Ende. Er muss sich entlüften. Am Meer in Ostia reißt er einen Hemdknopf ab. Er legt ihn ungefähr dort hin, wo Pasolini ermordet wurde. Denn angeblich fand Pasolini das Wort „Knöpfe“ so schön.
Das ist eine von vielen G’schichterln. Das Buch ist randvoll damit und mit Beobachtungen, die das Widersprüchliche der Stadt zeigen. Kunst und Mist. Alte Römer und Legionen von Ratten.
Der 31-Jährige sucht Verbindungen zwischen dem Alten und dem Neuen. Bei einer Party in Ruinen funktioniert das hervorragend. Beim greisen Philosophen, von dem man sich abwendet, als er ein Plädoyer gegen die Abtreibung hält, geht das nicht.
Verwirrend an „Römische Tage“ ist: Der Autor weiß so viel über sein Personal, auch wenn es nur in ein, zwei Sätzen einen Auftritt hat. Das klingt aufgesetzt.
Zum Beispiel der Mann, der in der Basilika Santa Maria Maggiore im Beichtstuhl sitzt, der ist Busfahrer.
Hat Strauss ihn tatsächlich gefragt?
Und der Italiener, an dem wir im Park bloß vorübergehen: Er hat die Nacht mit einer Schwedin verbracht – und er hatte keinen Orgasmus. Sachen gibt’s.

 

Simon Strauss:

Römische
Tage“
Tropen Verlag.
144 Seiten.
18,50 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

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