Buchkritik: Nichts Neues unter schwarzer Sonne

Buchkritik: Nichts Neues unter schwarzer Sonne
In "Slade House" von David Mitchell wollen Bruder und Schwester unsterblich sein.

Zum Beispiel „Die tausend Herbste des Jacob de Zoet“. Da hatte sich der Engländer David Mitchell 800 Seiten für sein Epos genommen und den kostbaren Raum nicht mit Nutzlosem verstellt.
Sondern Menschen geformt, gierige und zärtliche, Niederländer und Japaner, die  ums Jahr 1800 miteinander Handel betrieben haben.
Oder „Der Wolkenatlas“, verfilmt mit Tom Hanks: So viel Leben zwischen einer Südseereise 1850 und der fernen Zukunft.
Mitchell ist ein begnadeter G’schichteldrucker bzw. Erzähler.
Aber „Slade House“?
Ursprünglich bloß teilweise über Twitter abgesetzt, ist es ein kurzer Roman geworden. Es sind weniger als 250 Seiten  ... und trotzdem wird  kostbarer Raum verstellt, denn es ist bloß alter Horror, nichts Neues unter schwarzer Sonne.


Alle neun Jahre taucht ein Geisterhaus (ein Slade House) in der leicht zu übersehenden, feuchten Slade Alley auf, die Eisentür hat keine Schnalle, doch wer für ein besonderes Menschenexemplar gehalten wird, dem öffnet sie sich garantiert.
Im Garten warten Bruder und Schwester und lullen die Besucher ein, danach  saugen sie ihnen die Seelen aus dem Leib. Das brauchen sie für ihre Unsterblichkeit.
Kann sein, dass im Spukhaus ein Fernsehapparat steht und man vom Nachrichtensprecher erfährt, dass man schon seit fünf Tagen vermisst wird.            Aber da ist es schon zu spät.
 Und falls man Klavier spielt: Vielleicht wartet  Yehudi Menuhin. Damals, 1979 (im ersten der fünf Teile), hat der Violinvirtuose noch gelebt, und zumindest bei Mitchell  zeigte er sich über die Klavierkünste derart erfreut, dass er selbst gar nicht spielen wollte, nur zuhören.
So verschwinden bis 2015 eine Mutter mit Sohn, ein Polizist, Studenten ... und freilich kann  der Roman als „kleine Schwester“ von Mitchells „Die Knochenuhren“ gesehen werden. Es dringen „fantastische Klumpen“ in realistische Lebensgeschichten. Bei Stephen King hat man allerdings bessere Schockerlebnisse.

 

 

David
Mitchell
:
Slade House“
Übersetzt von
Volker
Oldenburg.
Rowohlt.
240 Seiten.
20,60 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

 

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