Versuch einer verordneten Leitkultur im Austrofaschismus
Inszenierung, Propaganda, Abgrenzung: Schon die Verkündung der neuen Verfassung am 1. März 1934 wurde von Kanzler Engelbert Dollfuß als Theaterstück inszeniert. Er gab die Parole aus, dass in Österreich erstmals ein Staat nach den Vorgaben der päpstlichen Enzyklika Quadragesimo anno realisiert werde. Der Vizekanzler bezeichnete die neue Herrschaftsordnung als „Austrofaschismus“, nach Vorbild Italiens, mit österreichischer Ausprägung.
Was ist "Österreichisch"?
Aber was ist das „Österreichische“? Katholizismus, Vergangenheitsverklärung, Trachten, Salzburger Festspiele und schöne, für den Fremdenverkehr erschlossene Berglandschaften.
Sehr aufschlussreich, wie in einem der 57 Kapitel des Buches Bau und Eröffnung der Großglockner Hochalpenstraße (Bild) und der Wiener Höhenstraße nacherzählt werden. Zwei Straßenprojekte werden in der beginnenden Autogesellschaft zum Synonym für Stärke, Freiheit und Unabhängigkeit eines Landes.
Alltagsereignisse neu erzählt
Anhand ausgewählter Ereignisse spüren die Autoren Alfred Pfoser, Béla Rásky und Hermann Schlösser Kultur-, Sport- und Alltagsleben in Österreich zwischen 1933 und 1938 nach. Die Palette reicht von Film-Premieren (z. B. „Maskerade“) über Fußball-Matches bis zur Pariser Weltausstellung. Zeitungsartikel von damals sowie vorhandene Forschung machen die politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung einer „Wendezeit“ sehr greifbar.
Eine Erkenntnis des Buches: „Auch wenn der Austrofaschismus in vielen Bereichen eine weitgehende Hegemonie erlangen konnte, sollte es ihm nie gelingen, der gesamten Gesellschaft eine einheitliche Kulturpolitik aufzuoktroyieren und sie dadurch an sich zu binden.“
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