Schwere Kost, die bei Tuvia Tenenbom leicht und bekömmlich daherkommt. Dank des, man errät es, jüdischen Humors, der sich erlaubt, über wirklich alles zu schmunzeln. Eben auch über die Frage, ob einst der jüdische Messias auf einem Esel, der Prophet Mohammed auf einem Maultier oder der biblische Elias auf einer Kuh nach Jerusalem geritten kam. Fragen, über die Kriege geführt werden, auf die Tenenbom jedoch lakonisch antwortet: Fest steht jedenfalls, das Tier war weiß.
Sexueller Puritanismus und Cancel Culture, die „neuen Religionen“
Tuvia Tenenbom, 1957 in Tel Aviv geboren, wuchs in einer ultraorthodoxen Gemeinschaft in Jerusalem auf, die er Anfang der 1980er verließ und nach New York ging, wo er „ganze und halbe Abschlüsse in verschiedenen Fächern“ sammelte, ein jüdisches Theater gründete und als Journalist und Dramatiker arbeitete. Bei uns kennt man ihn dank der Bestseller „Allein unter Deutschen“, „Allein unter Juden“ und „Allein unter Amerikanern“. Im jüngsten Buch ist er nicht allein, Gott ist an seiner Seite und selbstverständlich: „Gott spricht Jiddisch“.
Darin kehrt Tenenbom nach Mea Schearim zurück, ein Viertel von Jerusalem, das fast ausschließlich von ultraorthodoxen Juden bewohnt wird und wo er aufgewachsen ist. Tenenbom, dem man einst eine Zukunft als Rabbi prophezeite, sucht hier seine Wurzeln. Nicht zuletzt, weil nun auch in seiner Wahlheimat New York „puritanische Extremisten“ konservative wie liberale Ansichten verdrängt hätten. Sexueller Puritanismus und Cancel Culture seien die „neuen Religionen“. Dann also lieber gleich zu den Orthodoxen.
Tenenbom besucht Synagogen und Talmud-Schulen, geht zum Rabbi und stellt Fragen – insbesondere die wirklich heiklen („Es ist egal, ob Gott existiert. Glauben Sie’s einfach“). Er erklärt eine widersprüchliche Welt und zieht stets sein eigenes Fazit: Etwa darüber, was mit den Toten passiert bevor „irgendein Messias sie wiederentdeckt“: „Existieren sie irgendwo? Und wenn ja, tun sie irgendwas? Und wenn ja, was tun sie genau? Anders als die Muslime, die glauben, dass die Toten da oben im Himmel Paradiesjungfrauen zum ewigen Genusse gekommen, stehen Juden und Christen nicht so sehr auf Sex im Himmel. Traurig.“
Man liest dieses kluge, komische Buch neugierig. Tenenboms zart-bissiger, immer menschlicher Blick auf das manchmal Irrationale ist gerade seit dem 7. Oktober eine Wohltat. Und Tenenbom übt sich auch dem Leser gegenüber in Milde. „Wenn Sie an diesem Punkt, was Gott verhüten möge, einige der soeben gegebenen Definitionen vergessen haben, werden Sie immer noch ein gesundes und glückliches Leben führen können, so Gott will.“