Teresa Präauer: Die Komplexität des einfachen Feldblumenstraußes

Teresa Präauer: Die Komplexität des einfachen Feldblumenstraußes
„Kochen im falschen Jahrhundert“ und was dabei alles schief gehen kann

Der erste Kaffee, die erste Artischocke (dass man das Stroh nicht mitisst, lernt man erst beim zweiten Mal), die erste Auster (dazu Sancerre).

Die Ouvertüre zu Teresa Präauers neuem Buch lässt vermuten, dass es hier ums Essen geht. Das tut es auch. Vor allem aber hat die 1979 in Linz geborene Schriftstellerin darüber geschrieben, wie Nuancen ein Leben in die eine oder andere Richtung drängen können. In diesem Fall: Wie ein behauptet unkomplizierter Abend mit Quiche, Crémant und „ein paar Wiesenblumen“ verlaufen oder auch: aus dem Ruder laufen könnte. Etwa, wenn Gäste zu spät kommen und die Gastgeber bereits betrunken sind.

Wen das an Yasmina Réza erinnert, der liegt nicht ganz falsch. Präauers feine, zartkomische Beobachtungen sind einerseits originell, andererseits erkennt sich jeder Gast oder Gastgeber wieder. Sie erzählt von akademischen Viertelstunden, von Vintage-Designermöbeln, von alten Kerzenständern, die auf dänische Esstische tropfen. Von John Coltrane als Hintergrundmusik (besser als John Cage, weniger still). Von einer reizend unsouveränen Gastgeberin. Von besserwisserischen Gästen. Gästen, die nur Wasser trinken. Gästen, die ungefragt fotografieren und das Ergebnis in sozialen Medien posten. Von Partnern, die ständig auf Playlists starren. (Wohin mit all diesen Leuten?)

Teresa Präauer: Die Komplexität des einfachen Feldblumenstraußes

Teresa Präauer:

„Kochen im falschen Jahrhundert“ Wallstein.

198 Seiten.  

22,70 Euro   

KURIER-Wertung: 4 ½ von fünf Sternen

 

Mit freundlicher Gelassenheit berichtet die Erzählerin von einer leicht überforderten Gastgeberin, die sie gut zu kennen scheint und die sich hin und wieder wie im falschen Jahrhundert fühlt (kein Wunder, wenn sie ständig Kochschürze trägt. Einmal setzt sie sich irgendwie pittoresk hin, was nach dem Urteil der Erzählerin nach falschem Jahrhundert aussieht. Das ist vielleicht ein bisschen kapriziert). Großes Plus dieser Gastgeberin: Wer zu ihr auf Besuch kommt, darf die Schuhe anlassen. (Danke, weil: wie schrecklich ist doch der Anblick fremder, atmungsaktiver Socken unterm Esstisch!)

Auch abgesehen von klugen Schuhentscheidungen ist Teresa Präauers Buch unterhaltsam schlau. Man reist mit ihm anhand von Wohnungsausstattungen, Rezepten und Gästetoleranz durch Lebensalter und Stimmungen. Von Ikea über Lilienporzellan zu Le Creuset. „Kochen im falschen Jahrhundert“ ist ein sinnliches, hin und wieder melancholisches Buch. Eines, das, bitte entschuldigen Sie das Wort, Lebensgefühl einfängt. BB