Zwanzig Aufsätze und Reportagen hat Kushner hier versammelt. Über Politik, Kunst und Motorräder, eine vom Vater geerbte Leidenschaft. Inhaltlich detailliert und kenntnisreich, aber auch sehr persönlich, der Tradition des New Journalism entsprechend: Subjektiv und literarisch. Aber bitte präzise, richtet Kushner der Meisterin des New Journalism, der kürzlich verstorbenen Joan Didion, da gleich einmal aus: In ihrem berühmten Essay „White Album“ behauptete Didion, Jim Morrisons Hosen seien „aus Vinyl“ gewesen. Kushner: „Liebe Joan, Schallplatten sind aus Vinyl. Jim Morrisons Hosen waren aus Leder.“ Kushner, die an derselben Uni wie Didion studierte, hält eben nichts von Heldenverehrung. Auch nicht für Jeff Koons oder Marguerite Duras, über die sie sachkundig schreibt. (Und Angaben zur Aussprache macht: Duras mit s!) Ein bisschen Heldenverehrung gibt’s höchstens für Cormac McCarthy und dessen Roman „All die schönen Pferde“. Und Keith-Richards-Anekdoten. „Er entsprach der Legende: trank den ganzen Abend Jack & Ginger, leerte höchstpersönlich an die zwei Flaschen Jack Daniels.“ Wenig überraschend, dass auch Mick Jagger der Legende entsprach und bloß Evian trank, wie sich Kushner an ihre Zeit als Barkeeperin erinnert. (Carlos Santana gab übrigens nie Trinkgeld.)
1968 in Oregon geboren, gehört Kushner zu den erfolgreichsten US-Autorinnen der Gegenwart. Immer wieder schreibt sie für US-Magazine, wo auch die meisten der hier versammelten Essays erschienen sind. Ihr zweiter Roman, „Flammenwerfer“, in dem man bereits viel über ihre Motorradleidenschaft erfuhr, begeisterte auch europäische Leser. Denn am besten ist Kushner da, wo sie sich selbst nahekommt. Etwa in der Kurzgeschichte „In der Gesellschaft von Fernfahrern“, wo sie von einem fremden Lkw-Fahrer berichtet, der eine ganze Nacht lang ihr Auto repariert.
Rachel Kushner gehört wohl selbst du den „harten Leuten“. Wenn sie, wieder Dylan zitierend, davon spricht, dass das Leben eigentlich nur daraus besteht, geboren zu werden und zu sterben. Dazwischen gibt’s eine kurze Rückschau auf das, was bisher geschah. Auf Anraten ihrer Mutter besucht sie ein Fast-Food-Lokal, in dem sie als Teenager gearbeitet hat. „Meine Mutter saß mir gegenüber und sah zu, wie ich mir selbst begegnete.“