Maria Pourchet: Sie ist scharf auf ihn

Maria Pourchet: Sie ist scharf auf ihn
Maria Pourchet erzählt, wie ein Typ, der definitiv nicht der eigene ist, zu einer Obsession werden kann. Und was das mit Emanzipation zu tun hat

Da behauptet also ein gewisser Frédéric Beigbeder, der sich selbst gern als Skandalautor inszeniert, Maria Pourchet schreibe „wie ein gut gelaunter Houellebecq.“ Wahrscheinlich ist das als Kompliment gemeint. Aber abgesehen davon, dass die französische Autorin Maria Pourchet, promovierte Soziologin, die bereits mehrere in Frankreich hochgelobte Romane veröffentlicht hat, keine berühmte Krücke braucht, ist das nur in einem einzigen Punkt nachvollziehbar. Der Anti-Held ihres Romans „Feuer“ erinnert an so manchen Houellebecq-Protagonisten. Ein magerer, illusions- und hoffnungsloser Bordell-Besucher, der nicht weiß, wohin mit seinem Geld und noch weniger seinem Leben. Warum sich Uni-Dozentin Laure, zehn Jahre jünger und mehr oder weniger zufrieden mit ihrem Pariser Vorstadtfamilienleben, trotzdem nach ihm verzehrt? Wo er doch gar nicht ihr Typ ist, mit seinen Mädchenhänden? Nun, ein Feuer kann sich an einer Kleinigkeit entzünden. Und wenn es lodert, dann ist es kaum unter Kontrolle zu bringen.

Die Leidenschaft zwischen dem Banker Clément und der Professorin Laure beginnt als zaghaftes Glosen. Ein berufliches Zusammentreffen. Er, der Finanzjongleur, soll als „Artfremder“ bei einem Kolloquium von Geisteswissenschaftern einen Vortrag halten. Eben hat sie noch darüber gelacht, dass Männer, die sich mit ihrem Jahresgehalt vorstellen, Idioten sind, Sklaven des Arbeitsmarkts. Aber bald ist da dieser Satz. „Verzeihung, Sie haben da etwas im Haar, ein Blatt oder so, kann ich?“ Wenig später tippt sie in ihr Handy: „Ich bin scharf auf Sie.“

Vom eigenen Mann hört sie nur, dass sie nervt. Die Teenietochter macht Zores, die jüngere fordert mehr Aufmerksamkeit, als Laure geben kann. Lässt sie sich deshalb auf diese beinahe verhängnisvolle Affäre mit dem emotional gestörten Clément ein? Möglicherweise ist ihr hungriges Verlangen eine Emanzipationsgeschichte. Ein Ausbruchsversuch. Denn weder Cléments Truffaut-Filmexpertise noch seine Kenzo-Anzüge beeindrucken sie. Den Hund, den er als einziges Wesen abgöttisch liebt, mag sie auch nicht. Und der Sex, nachdem sie so giert, ist zumindest anfangs eher mühsam. Trotzdem stürzt Laure sich in diese Affäre, schürt die Glut, damit sie zum lodernden Feuer wird, und riskiert alles.

Diese obsessive Anti-Lovestory erzählt aber nicht nur von einer Frau, die ausbrechen will, sondern auch von einem todunglücklichen Mann und den Zwängen seines zynischen Geschäftslebens, das ihm zwar eine Wohnung an der teuersten Adresse von Paris ermöglicht, aber keinen Hauch von Glück.

Erzählt wird diese Geschichte in abwechselnden, hastigen Gesprächen. Laure spricht mit sich selbst, verfolgt von der mahnenden Stimme der toten Mutter. Clément berichtet seinem Hund namens „Papa“.

Sprachlich schlicht, aber schlau und witzig, wie vieles in diesem Roman, der manches andeutet und alles beobachtet. Clever und überraschend bis zum Ende.