Dimitré Dinev gewinnt den Österreichischen Buchpreis

Dimitre Dinev während eines Interviews.
Mammutroman "Zeit der Mutigen" überzeugte die Jury. Miriam Unterthiner holte mit Theatertext "Blutbrot" den Debütpreis.

Der 1968 im bulgarischen Plowdiw geborene und seit 1990 in Österreich lebende Autor Dimitré Dinev ist am Montagabend in den Praterateliers des Bundes in Wien-Leopoldstadt für seinen 1.150-Seiten-Roman "Zeit der Mutigen" mit dem Österreichischen Buchpreis 2025 ausgezeichnet worden. Die zum zehnten Mal vergebene Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert. Der mit 10.000 Euro dotierte Debütpreis ging an die 1994 in Brixen geborene Miriam Unterthiner für ihr Stück "Blutbrot".

"Zeit der Mutigen", erschienen im Verlag Kein & Aber, ist ein Opus magnum über Gewalt und Unterdrückung, Liebe und Magie, Tod und Leben, das zeitlich mehrere Generationen und geografisch Österreich mit Bulgarien und stilistisch historische Fakten mit sprachlicher Meisterschaft verbindet. Der verschlungene Roman ist auch ein zeithistorisches Aufklärungsbuch, ein Stasi-Roman, der Bericht über eine bleierne Zeit, die ganze Generationen deformiert hat. Für die Jury ist das Buch "ein Kraftakt, ein 'totaler Roman', der an die großen Erzähler des 20. Jahrhunderts erinnert, aber eindeutig im 21. Jahrhundert beheimatet ist und in einer Reihe mit Roberto Bolaños '2666' oder Hilary Mantels Wolf Hall-Trilogie stehen kann. Ein humanistisches Monument von einem Buch, das größer ist als Österreich, und das zeigt: Die Zeit der Mutigen ist noch lange nicht vorbei."

Nominiert waren weiters Monika Helfers 750-seitige, unter dem Titel "Wie die Welt weiterging" erschienene Sammlung von 365 "Geschichten für jeden Tag" des Jahres, der New York Roman "Auflösungen." von Marlene Streeruwitz, der Roman "Die letzten Tage", in dem Martin Prinz anhand von Volksgerichtakten das NS-Mordregime im Semmeringgebiet im April 1945 rekonstruiert hat, sowie der Gedichtband "Kiki Beach" von Verena Stauffer.

Debütpreis für Theatertext über Fluchthilfe für NS-Verbrecher über den Brenner

"Miriam Unterthiners Theatertext 'Blutbrot' nimmt sich eines Kapitels der Südtiroler Nachkriegsgeschichte an, das bislang kaum literarisch bearbeitet wurde: der Fluchthilfe für NS-Verbrecher über den Brennerpass. Figuren wie Eichmann oder Mengele passierten auf ihrem Weg nach Italien und weiter nach Südamerika eine Region, die heute gerne als idyllische Landschaft inszeniert wird und deren Mitverstrickung lange verdrängt blieb. Unterthiner begegnet diesem schwierigen Stoff nicht mit dokumentarischem Realismus, sondern mit großer poetischer Wut und Wucht", rühmte die Jury die Debütpreis-Siegerin und ihren in der edition laurin erschienenen Text, dessen Uraufführung im September im Theater Aachen stattfand und dessen Österreichische Erstaufführung vor wenigen Wochen Tomas Schweigen im Wiener Theater am Werk inszenierte.

Für den Debütpreis waren außerdem Anna Maschiks "Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten" und Michèle Yves Pautys "Familienkörper" nominiert.

Durch den Abend führten Dorothee Hartinger und Philipp Hauß mit den Studierenden des zweiten Jahrgangs Schauspiel der Musik und Kunst Privatuniversität Wien. Die musikalische Umrahmung erfolgte durch das Ensemble Ohrenklang, einer integrativen Musikgruppe der mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Im Vorjahr ging der Österreichische Buchpreis an Reinhard Kaiser-Mühlecker für seinen Roman "Brennende Felder", der Debütpreis an Frieda Paris für ihr Langgedicht "Nachwasser".

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