„Ja. Ich habe eher das Gefühl, dass ich mich verliere, sobald ich versuche, mehr daraus zu machen.“ Schnell wird klar, dass jeder Schritt aus dem Alltagstrott sie aus der Bahn wirft. Ihren Mann, der mehr neben als mit ihr lebt, kümmert das wenig. Manche lassen ihre Schwächen zur Gewohnheit werden, analysiert er mit Blick auf Leni und gesteht sich ein, dass ihm ihr Zustand nicht nahe genug geht, um sich eingehender dafür zu interessieren. Er reist zu einer seiner Baustellen. Lässt seine Frau allein.
Die Fassade, hinter der sich Leni verschanzt hat, bekommt Risse. Alte Wunden brechen auf, Verdrängtes quillt hervor. Ihr Bruder kreuzt auf, bewaffnet. Der Kommissar, der fragt, ob sie die Schüsse in der Nachbarschaft gehört hat, lässt nicht locker. Die Szenerie wirkt immer mafiöser. Die Männer bleiben schemenhaft, mal bedrohlich, mal bedauernswert. Verlassen kann sich Leni auf keinen. Sie driftet in eine Schattenwelt ab.
Im zweiten Roman der französischen Autorin Inès Bayard bleibt vieles im Dunkeln und ungewiss, ungesagt. Wie im Leben der Protagonistin, die ihre Vergangenheit vergessen wollte.