„Ein guter Lapp im Unterjoch“ ist der erste von drei Texten im schmalen Erzählband „Miserere“ der im Jänner 2024 mit erst 40 Jahren verstorbenen Salzburger Schriftstellerin Helena Adler. Er wurde, ebenso wie die Erzählung „Miserere Melancholia“, in Hinblick auf den Bachmann-Wettbewerb 2023 geschrieben, an dem Adler auf Einladung des Jurors Klaus Kastberger hätte teilnehmen sollen. Sie musste absagen, nachdem kurz zuvor ein Gehirntumor bei ihr diagnostiziert wurde. Der ebenfalls hier enthaltene Kurztext „Unter die Erde“ war im September 2022 in Radio Salzburg zu hören. Alle drei Texte waren Teil eines Manuskripts für einen Erzählband mit dem Titel „Die Atmung der Liebenden mit Anomalien“. Sie verbindet ein Grundmotiv: die Schwermut, hier auch „Schwermutsdämon“ genannt. Verwandt muss dieser Dämon wohl mit der Todsünde der Trägheit sein, dargestellt auf dem Cover des Buches mit einem Ausschnitt aus einem berühmten Altarbild von Matthias Grünewald.
Apocalypse now
Fratzenhafte Monster und allerhand Widerlinge sieht man da und von ihnen liest man auch bei Adler, die neben Psychologie und Philosophie auch Malerei studiert hatte und Künstler wie Bosch, Bruegel und Kubin liebte: Maler, denen die drastische Abbildung der menschlichen Niederungen gelang. Genau das hatte auch Adler vor, und ähnlich wie bei einem Hieronymus Bosch ist ihre erzählte Hölle neben hässlichen Fratzen auch voll von komischen Figuren. Adlers fantastischer Wortwitz berichtet von „Apocalypse now and now and then“ und einem Dialog mit dem Teufel, der am Ende gefragt wird: „Ich dachte, du hasst mich?“, worauf dieser antwortet: „Ja, aber mit einem S, du Analphabet! Ich hab dich!“
Helena Adlers Zeit hat nur für drei Bücher gereicht. Man hätte mehr von ihr gewollt.