Den Friseursalon hat Simon von seinem Opa übernommen, der diesen an seinen Vater übergeben wollte. Doch der war von einem Tag auf den anderen weg. Flugzeugabsturz über Teneriffa. Das war Monate vor Simons Geburt. Die Hinterbliebenen waren mehr oder weniger sich selbst überlassen. Schwiegen ihr Schicksal tot. Hat Simons Großvater so gemacht, seine Mutter auch. Und Simon. Einsame Herzen. Blass gezeichnete Charaktere, die wenig Interesse wecken würden. Wäre da nicht ihre Geschichte.
An einer Stelle stellt Simon fest, dass Menschen erst sichtbar werden, wenn man ihre Geschichten hört. So war es auch bei Oscar, dem Kellner aus der Bar. Erst als Oscar von seiner Reise in den Iran und von dem bildschönen Jungen, mit dem er ins Zimmer über dem Coffeeshop verschwunden ist, erzählt hat, hat Simon ihn richtig gesehen. Ein markanter Typ. Furchen und Falten, klare Augen, sympathische Hände. Alles zuvor nicht wahrgenommen. Genauso wenig wie die Sehnsucht, mehr von der eigenen Geschichte zu erfahren.
Angestoßen von einem Stammkunden, den er unter „Schriftsteller“ im Handy eingespeichert hat. Der Schriftsteller recherchiert. Über Friseure, bald auch über das Flugzeugunglück. Der Großvater wird redselig, die Mutter blockt ab, der Sohn recherchiert. Die Geschichte vom Vater ist längst nicht auserzählt.
„Der Sohn des Friseurs“, der neue Roman des Niederländers Gerbrand Bakker, ist ein Buch, das lange nachhallt.