Di Lampedusa: Warum darf der Leopard nicht ins Bett kommen?

Di Lampedusa: Warum darf der Leopard nicht ins Bett kommen?
Der Niedergang des Adels und ein Wegweiser zur Weltliteratur aus Sizilien

In der Süddeutschen hat die Literaturkritikerin bei „Der letzte Prinz“ von Steven Price Qualen empfunden (im Gegensatz zu britischen und amerikanischen Zeitungen) – vor allem bei jener Stelle, als Baronesse Alexandra von Wolff-Stomersee ihren Ehemann Fürst Giuseppe Tomasi di Lampedusa lockt: „Komm her, mein Leopard.“

Steven Price wird deshalb sein „Stilgefühl“ abgesprochen.

Keine Kinder

Komm her, mein Leopard – sie weiß, dass Giuseppe am Roman über seinen Urgroßvater arbeitet, und soeben hat er ihr den Titel verraten:

„Der Leopard“ soll es heißen, nach dem Wappentier des Adelsgeschlechts.

Und deshalb nennt sie ihren Mann so, komm her ... DAS soll nicht passen? Der Kosename ist im Hause Lampedusa vorstellbar.

Der Kanadier Steven Price, er ist Lyriker, poetisiert manchmal übers Ziel. Aber er schaut genau in die Gesichter, und mit seiner Hilfe spürt man den Wind in Palermo, der Verlust bringt – am Anfang starben drei Geschwister, zuletzt zerstörte eine amerikanische Bombe den Palast, den letzten großen Besitz der sizilianischen Adelsfamilie (die angeblich auf die Zeit des römischen Kaisers Tiberius zurückgeht).

Nach Giuseppe Tomasi ist Schluss. Er hat keine Kinder. 1956 hat dem Kettenraucher sein Arzt durch die Blume mitgeteilt, dass er todkrank ist. Er erinnert sich. Aber lebt er nicht ohnehin immer in der Vergangenheit?

Außer: Er denkt laut über Kinder nach, „weil sie die Zukunft sind.“ Seine Frau, auch sie ist um die 60, lächelt nicht, aber sagt: „Ich glaube, über das Alter sind wir hinaus, Giuseppe.“

Und jetzt schreibt er. Leider erst jetzt. Schreibt über Fürst Don Fabrizio, bei dem es mit der verdammten Vergänglichkeit begonnen hat: der Niedergang des Adels, das Ende der Fürstentümer, Garibaldi kommt..

Kein Katzerl

Tomasi di Lampedusas „Der Leopard“ wird noch immer fälschlicherweise fürs Buch zum Film von Visconti gehalten, mit Lancaster, Cardinale, Delon.

„Der letzte Prinz“ ist – auch – Wegweiser zu diesem Stück Weltliteratur.

Der Zeitpunkt ist goldrichtig: Seit dem Vorjahr gibt es im Piper Verlag die Übersetzung von Burkhart Kroeber, die nicht mehr zulässt, dass „Der Leopard“ lächerlich klingt.

Vor ihm war „Il gattopardo“ (italienischer Originaltitel) mit der Pardelkatze in Verbindung gebracht worden – einem Katzerl, das nicht einmal brüllen kann. Und es war auf Deutsch zu lesen, Fürst Don Fabrizio (also Burt Lancaster) habe ein „pardelkatersches Lächeln“.

Wer „Der letzte Prinz“ lesen will, wird „Der Leopard“ lesen müssen.

Foto oben: aus Viscontis Film - Fürst  Fabrizio  ist „Der Leopard“ (Burt Lancaster tanzt mit Claudia Cardinale)

Steven Price: „Der letzte Prinz“
Übersetzt von
Malte Krutzsch.
Diogenes Verlag.
288 Seiten.
22,70 Euro

KURIER-Wertung: ****

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