Nämlich?
Da wird unterstellt, dass sie gekommen sind, um unser Sozialsystem auszunützen. Solche Erzählungen werden ja von der Politik genährt. Ich kenne allerdings die Flüchtlingsgeschichten „meiner“ Jugendlichen. Wenn man die hört, ist man tief betroffen. Und nicht nur ich, weil ich ein „Gutmensch“ bin. Diese jungen Leute kommen aus bitterer Not und nicht zum Vergnügen hierher. Sie werden hergeschickt, um etwas zu erreichen, das dort, wo sie herkommen, niemals zu erreichen ist. Natürlich sind sie mit dieser Rolle überfordert.
Die Protagonistin Ihres Romans gibt immerhin Interesse für Flüchtlinge vor.
Es war mir ein Anliegen, keinen klassischen „Ausländerfeind“ zu porträtieren, sondern eine Schicht, die kommuniziert, dass sie liberal und aufgeschlossen ist. Leute, die sagen, sie sind auf der Seite von Flüchtlingen. Aber sie tun nichts für sie. Sie spüren sie ja gar nicht.
Daher der Titel des Romans?
Richtig. Das somalische Flüchtlingskind Aayana wird in den Urlaub mitgenommen, damit der eigenen Tochter nicht fad wird. Und dann passiert das Unglück. Aayana ertrinkt im Pool. Von da an befinden sich die anwesenden Familien plötzlich in der Opferrolle. Für die Familie des ertrunkenen Mädchens interessiert sich vorerst niemand. Das sollte die Leser nach und nach hellhörig machen.
Verfolgen Sie eine aufklärerische Mission den Lesern gegenüber?
Ich schreibe keine Bücher, um Menschen zu missionieren. Ich schreibe, um Menschen zu unterhalten, zu berühren und in Spannung zu versetzen. Das gilt auch für dieses Buch. Aber ich gebe zu, dass hier auch ein sozialpolitisches Anliegen mitschwingt.
Haben Sie keine Sorge, Ihre Leser zu überfordern? Die wollen einen Glattauer und bekommen einen politischen Roman.
Ich finde, es ist ein echter, typischer Glattauer. Auch meine anderen Bücher sind bei Weitem nicht so zum Wohlfühlen wie mein Image. Ich bin kein Wohnfühlautor! Ich habe allerdings das dringende Bedürfnis, pointiert zu schreiben. Und ich glaube, dass auch ernste Themen Humor brauchen
Wie in der Figur des Anwalts. Eine Erinnerung an Ihre Zeit als Gerichtsreporter?
Durchaus. Ein klassischer Strafverteidiger, wie ich sie zuhauf im Wiener Landesgericht erlebt habe. Rhetorisch brillant, aber skrupellos. Und sehr mediengeil. So einen Typen zu zeichnen, macht auch schreiberisch Spaß.
Durchaus aus dem Leben gegriffen sind auch die Postings, die sich durch den Roman ziehen.
Ja, die sind sehr an echte Tageszeitungsforen angelehnt. Jeder kann dort absondern, was er will, und wenn sich viele finden, die dem beipflichten, wird das zum Politikum. Ich halte das für einen großen Missstand!
Dieses Buch basiert auf persönlich Erlebtem?
Ja. Auf einem Toskana-Urlaub, wo wir unser 14-jähriges Patenmädchen aus Afghanistan mithatten. Sie hat in diesem Urlaub schwimmen gelernt. Im Vorfeld habe ich mir viele Gedanken gemacht, was alles passieren könnte. Es war uns klar, dass wir sie nicht alleine beim Pool lassen können. Aus dieser Besorgnis ist die Romanidee entstanden. Die schockierende Vorstellung, dass ein Flüchtlingskind eine gefährliche Flucht übersteht, um dann in einem Pool von privilegierten Oberschichtmenschen zu ertrinken. Das ist, so zynisch es klingt, einfach ein guter Romanstoff.