Warum einen Anne Paulys Vaterroman so emotional erwischt
Was bleibt vom Leben? Eine Fleece-Decke, eine tibetanische Gebetskette, zwei Asthmasprays im Krankenhausnachtkästchen. Anne hat die Hand ihres Vaters gehalten, als sie kalt wurde. Ihm einen Abschiedskuss gegeben und Ciao gesagt. Er solle Bescheid geben, wenn er angekommen sei. Als sie kurz darauf den Sonnenuntergang und die Wolken in allen Farben sieht, weiß sie: Er ist gut angekommen.
Doch Anne Paulys Abschiedsbuch „Bevor ich es vergesse“ ist kein rührseliges Vater-Stück. Es ist eine Auseinandersetzung mit einem Widersprüchlichen. Einem Suchenden. Ein bisschen Punk, ein bisschen Esoteriker. Aber auch gewalttätiger Alkoholiker. Anne Pauly gelingt in ihrem ersten Roman das Kunststück, den schwierigen Rückblick auf des Vaters und somit auch auf das eigene Leben mit lakonischer Lässigkeit auszustatten. Das Dorf der Kindheit? „Düsterhausen“, sie selbst eine „fette, kinderlose Lesbe“, die mit dem Bruder über die Beerdigungsmusik streitet. Ein Buch, das einen emotional sofort erreicht. Ohne Pathos, aber mit viel Gefühl.