Brisante "Buchungsvorgänge" im Burgtheater

Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann lehnt "jede Vorverurteilung ab" und hofft auf eine rasche Klärung durch eine Untersuchung
Die Vizedirektorin wurde wegen Bilanz-Ungereimtheiten entlassen, eine Untersuchung läuft.

Freitag stand im Burgtheater „Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie“ von Woody Allen in der Regie von Matthias Hartmann auf dem Programm. Persönlich fand der Burg-Direktor diesen Tag wohl weniger lustig: Es wurde öffentlich bekannt, dass Hartmann seine Vizedirektorin und frühere Geschäftsführerin Silvia Stantejsky wegen Ungereimtheiten in der Buchhaltung entlassen hatte.

Entlassen musste, wie Hartmann in einem Kommentar zu einer entsprechenden News-Meldung betonte: Er hätte sich sonst strafbar gemacht. Finanzieller Schaden sei dem Haus nicht entstanden, betonte Hartmann. Holdingchef Georg Springer meint hingegen: „Das kann man jetzt noch nicht sagen.“

Konkret geht es um „nicht zuordenbare Buchungsvorgänge“, erläutert Hartmann gegenüber dem KURIER. Was Stantejsky konkret vorgeworfen wird, wollte er nicht sagen. Er lehne jede Vorverurteilung ab.

Fest steht, dass etwa Kosten für Inszenierungen über mehrere Jahre hinweg geltend gemacht wurden. Als in der Saison 2011/12 dann neue Rechnungsprüfer kamen und dieses System nicht mehr möglich war, entstand eine große Lücke. Mittlerweile habe man sich laut Springer darauf geeinigt, die Verweildauer von Produktionen in Monaten zu berechnen.

Klärungsbedarf

Springer sagt aber auch: „Es gibt einen dringenden Klärungsbedarf bei Belegen und Geschäftsvorgängen, die sich weder die Rechnungsprüfer, noch die Holding erklären konnten.“ Deshalb wurde jetzt eine externe Prüfung in Auftrag gegeben.

Hartmann betonte, er strebe keine Änderung im Schlüssel der Subventionsaufteilungen zwischen Burg, Staats- und Volksoper an: „Fingen die Theater an, untereinander um Geld zu streiten, wäre das unwürdig. Die Kunst soll in diesem Land auskömmlich budgetiert werden! Wir sind nicht dazu da, Sparkommissare für den Staat zu sein.“

Hartmann kündigte auch Gespräche mit dem neuen Kulturminister Josef Ostermayer an. Denn die Subventionen der Theater wurden seit Jahren nicht erhöht, während Löhne und Preise stiegen – sie werden also laufend weniger wert.

Ob er Premieren einsparen werde, um nicht in die roten Zahlen zu rutschen, wollte Hartmann nicht sagen, betonte aber: „Unter der Voraussetzung, dass die Mittel so bleiben wie jetzt, wird es ein anderes Burgtheater geben. So gut, wie unsere Besucherzahlen derzeit aussehen, glaube ich nicht, dass das Publikum das will!“

Silvia Stantejsky war – nach 30-jähriger Tätigkeit am Burgtheater – erst im Mai 2013 Vizedirektorin geworden, ihr Nachfolger als kaufmännischer Direktor wurde Thomas Königsdorfer, der davor beim Linzer Landestheater diese Funktion bekleidet hatte. Sie hat dem Vernehmen nach großen Rückhalt in der Künstlerschaft, die Vorwürfe gegen sie resultieren aus der Zeit, als sie Geschäftsführerin war.

Die finanziellen Probleme der Burg sind seit spätestens März bekannt, als der Jahresabschluss für 2011/’12 veröffentlicht wurde. In einem sogenannten Kapitalschnitt, sprich der Auflösung von Rücklagen, wurde ein Minus von 3,7 Millionen Euro abgedeckt, berichtete der KURIER am 15. 3. 2013.

Warum war das nötig? Das hat auch mit der Verkürzung der Zeitspanne, in der das Haus Kosten für Aufführungen in der Bilanz abschreiben konnte, zu tun.

Springer sagte schon damals, diese Bilanzierungsmethode sei mit der Holding akkordiert gewesen, die Burg sei bilanztechnisch „besser dagestanden, als es eigentlich der Fall war“. Im Oktober schlug dann Hartmann Alarm: Nach Ausschöpfung aller Sparmöglichkeiten könne die Burg den Betrieb im derzeitigen Ausmaß nicht fortsetzen, ohne ein Defizit zu schreiben.

Das Burgtheater hat also seine Vizedirektorin und ehemalige Geschäftsführerin entlassen. Die Buchungsvorgänge, so begründete Direktor Matthias Hartmann in news.at, seien „nicht so, wie sie den Regeln eines Betriebes entsprechen, der kaufmännisch geführt wird“. Ein schwerer Vorwurf.

Offenbar ging es um besonders kreative Gestaltungen der Bilanzen. Zunächst darum, die Ausgaben für Produktionen über möglichst viele Jahre zu verteilen, um das Vermögen hoch und die Verluste niedrig zu halten. Irgendwann musste dieses System zusammenbrechen. Zuletzt musste die Burg sogar das Stammkapital herabsetzen, um das drohende Minus in der Bilanz zu verhindern.

Ob und wie weit in der Amtszeit der entlassenen Ex-Geschäftsführerin die Grenze der Legalität überschritten wurde, muss rasch geklärt werden. Offenbar gab es zahlreiche nicht nachvollziehbare Kontobewegungen. Auch die Bundestheater-Holding ist, wenn es sie schon gibt, aufgerufen, alles zur lückenlosen Beantwortung der offenen Fragen zu unternehmen.

All das ändert bei aller Skandalträchtigkeit aber nichts daran, dass der neue Kulturminister Josef Ostermayer dringend eine Lösung für das Problem der Unterdotierung vieler Kulturinstitutionen braucht. Steigende Fixkosten fressen künstlerische Budgets immer mehr auf. Diese Abwärtsspirale umzudrehen, ist nicht viel leichter als die von ihm initiierte Lösung im Kärntner Ortstafelstreit.

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