Die Braut ist schwanger, der Bräutigam ein eher unbedarfter Heimwerker, der Vater der Braut erzählt Geschichten ohne Pointen, die Mutter der Braut ist mit der Zubereitung von Schlagobers beschäftigt und auch die übrige Tafelrunde ist mit vielen Problemen und Seitensprüngen okkupiert.
Richtig: Es wird geheiratet in der deutschen Spießbürgerhölle, wie sie Bertolt Brecht im Jahr 1919 ersonnen hat. Ein Einakter von etwa 90 Minuten, der mit dem späteren Brecht recht wenig zu tun hat, sich formal eher an den Komiker Karl Valentin (1882 – 1948) und dessen Sketches orientiert.
Brave Sketchparade
Am Berliner Ensemble hat Regisseur Philip Tiedemann dieses Stück einst inszeniert, unglaubliche 17 Jahre stand die Produktion auf dem Spielplan. Eine Laufzeit, die Tiedemanns aktuelle Adaption in den Kammerspielen der Josefstadt eher nicht erreichen dürfte. Denn irgendwie ist Brechts „Komödie“ aller Wiederbelebungsversuche zum Trotz doch etwas aus der Zeit gefallen.
Das kann auch Tiedemann mit seinem genialen Ausstatter Alexander Martynow nicht ganz kaschieren. Obwohl er handwerklich alles denkbar Mögliche unternimmt. Wie eine bunte, grelle Sketchparade läuft diese Inszenierung ab. Das Bühnenbild wird nach und nach (auch dank Alkoholeinfluss) zerlegt. Die Nerven aller Beteiligten liegen blank; die Hochzeitsfeier gerät schließlich völlig aus den Fugen. Am Ende gibt es für Braut und Bräutigam aber vielleicht ein Licht am Ende des Kleinbürgerwahnsinns.
Tiedemann setzt all das mit sehr viel Tempo in Szene, verlangt von seinen Darstellerinnen und Darstellern totalen Körpereinsatz und sogar den Mut zur Outrage. Das funktioniert über weite Strecken sehr gut, sorgt für einige Lacher (vor allem die sukzessive Zerstörung des Inventars birgt unglaublich komische Momente), bleibt aber letztlich an der Oberfläche. Doch dies ist vor allem dem Stück geschuldet.
Tolles Ensemble
Denn das Ensemble unternimmt alles, um diesen frühen Brecht mit Leben zu erfüllen. Katharina Klar etwa als Braut am Rande des Nervenzusammenbruchs. Oder Alexander Absenger als ihr recht tollpatschiger, aber um Contenance bemühter Bräutigam. Als pointenlose Geschichten erzählender Brautvater brilliert André Pohl in jeder Szene, Therese Lohner, Susanna Wiegand, Michaela Klamminger wie auch Markus Kofler, Roman Schmelzer und Jakob Elsenwenger bringen ihre Stereotypen mit sichtbarer Lust am Blödeln gut über die Rampe. Was fehlt, ist eine kleine Spur Tiefgang. Der aber hat Brecht damals noch nicht interessiert.
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