Boxhandschuhe gegen Mythen

Boxhandschuhe gegen Mythen
Der Thinktank Agenda Austria bittet Feinde des Neoliberalismus in den Ring.

Bildung wird in Österreich vererbt, Arme werden immer ärmer und Freihandel nützt sowieso nur den Großkonzernen. Oder? Einspruch! Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria lässt seine Ökonomen ausschwirren, um zehn „wirtschaftspolitische Mythen“ zu sezieren. Die Zeit dränge, immerhin habe sich derlei Gedankengut nun auch schon in „bürgerlichen Zirkeln“ festgefressen. Aber taugt die kompakte Kampfschrift tatsächlich als „Handbuch zur intellektuellen Selbstverteidigung“, wie der Titel verspricht?

Am Stammtisch jedenfalls. Hinter den provokanten Thesen stecken reflektierte Erklärmodelle. Das gilt prinzipiell für Publikationen des Forschungsinstituts. 2013 von Ökonom Franz Schellhorn gegründet, hat sich die „Agenda“ zu der neoliberalen Bastion in Österreichs Öffentlichkeit emanzipiert. Warum „neoliberal“ ein bis „zur Unkenntlichkeit“ verunstalteter Begriff ist, erfahren Sie auf Seite 81. Der Leser wird übrigens nicht zum Milei-Versteher umprogrammiert, sondern erhält fundierte Denkanstöße für höchst relevante Debatten.

Der Berufsehre des Ökonomen halber geben die Autoren deshalb zurecht zu, dass der soziale Status den Bildungsweg (zu) oft beeinflusst. Aber: Die Aufstiegschancen in Österreich sind vergleichsweise gut. Und dass 1,3 Millionen Bürger als armutsgefährdet gelten, liegt nicht an tatsächlicher Armut, sondern an einer irreführenden Berechnungsmethode: „Wir rechnen uns arm.“ Als materiell erheblich benachteiligt galten 2022 hierzulande rund 200.000 Menschen . Das ist der fünftniedrigste Wert in der EU. Aber durch die Pandemie wurde es schlimmer? Nein, auch das ist ein Mythos.

Boxhandschuhe gegen Mythen

Agenda Austria: „Das neue Handbuch zur intellektuellen Selbstverteidigung“, Verlag für moderne Kunst, 120 S., 8,64 Euro

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