Der Austropop hatte wenig Freude mit ihm

Bogdan Roscic
Langjähriger Klassikmanager, einstiger Formatradio-Macher und KURIER-Autor wird Staatsopernchef.

Schon mit den ersten Gerüchten, dass Bogdan Roščić – der! ehemalige! Ö3-Chef! – die Wiener Staatsoper übernehmen könnte, konzentrierten sich die Reaktionen auf einen Umstand: Roščić’ Tätigkeit beim, und insbesondere bei der Reform des ORF-Senders Ö3. Die in diesen Reaktionen artikulierte Berührungsangst entzündet sich dabei an zwei Punkten: Vom Pop zur Klassik führt für viele auch heute noch kein mental gangbarer Weg; damit wird Roščić’ auch während seiner Tätigkeit als Opernchef umgehen müssen.

Und Roščić’ Ö3-Umstrukturierung hin zum kompromiss- wie gesichtslosen Formatradio verzeichnete auch Opfer. So ist seit Roščić’ Tätigkeit die Präsenz des Austropop im weitestverbreiteten (und am weitesten vom öffentlich-rechtlichen Auftrag entfernten) Sender des ORF radikal geschrumpft. Das sorgt bis heute für Missmut in der Branche. Damals riefen Vertreter des Austropop zu einem Ende des "Österreicher-Boykotts" auf. 1997 übergaben Künstler wie Andy Baum, Hubert von Goisern und Christian Kolonovits dem Nationalrat eine entsprechende Petition, in der man eine Änderung des Rundfunkgesetzes forderte. Dennoch ist, aus der damaligen ORF-Sicht heraus, die Neupositionierung des Senders ein durchschlagender Erfolg gewesen. Aufgrund von Roščić’ Reformen wurde es den damals aufkeimenden Privatradios so schwer wie nur irgend möglich gemacht. Medienpolitisch ein Problem, ist ein derartiger Managementerfolg (auch) ein dankbarer Eintrag im Lebenslauf.

Diesen Lebenslauf beim 1964 in Belgrad geborenen und 1973 nach Österreich eingewanderten Roščić auf Ö3 zu reduzieren, ist aber natürlich bei Weitem zu kurz gegriffen. Er ist inzwischen länger Plattenmanager im Klassikbereich, als er jemals beim Formatradio gewesen ist; und zwar bei zwei der renommiertesten Labels, Decca in London und derzeit Sony Classics in New York. Als Platten-Manager gehörten u. a. Anna Netrebko, Lang Lang, Rolando Villazón und Gustavo Dudamel zu seinen Künstlern.

Teamplayer

Roščić hat zudem bereits angedeutet, sich mit einem Team umgeben zu wollen. Dieses könnte jene Fragen beantworten, die in Roščić’ Vita offen bleiben, etwa in Hinblick auf die völlig fehlende Erfahrung im szenischen Bereich oder bei der Auswahl von aufstrebenden Stars für den Live-Betrieb.

Im KURIER, wo er – wie in der Presse – über Pop und Medien geschrieben hat, ist Roščić bis heute als hervorragender Stilist geschätzt.

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