Er stimmte "Wembley, Wembley, Wembley"-Sprechchöre an und erwies bei der ersten Show (hier wird von der zweiten berichtet) Freddie Mercury seine Reverenz, weil dieser hier mit Queen legendäre Konzerte spielte.
Neues Material, aber viel Nostalgie
Zunächst war aber nix mit Rührung. „St. Charles Square‛ vom neuen Album "The Ballad of Darren" diente als dreckiger Opener. Aber dann spielten die Britpop-Helden Material aus allen Bandphasen – kein Hit fehlte, aber es wurden auch ein paar Raritäten gespielt. Nach „Under the Westway“ brach Albarn gar in Tränen aus.
Das Publikum gab viel Liebe zurück – auch beim unverwechselbaren Live-Sprechgesang von Phil Daniels zum äußerst rasant angelegten Hit „Parklife“. Der Schauspieler mit dem herrlichen Cockney-Dialekt war zuvor aus einem auf der Bühne aufgebauten Häuschen gesprungen - zum Gaudium der Fans.
Mischung im Publikum
Bemerkenswert war die altersmäßige Mischung, in der das Publikum erschienen war. Von den erwartbaren, mitgealterten "Generation Xlern" abgesehen, war fast alles dabei, von Pärchen im Pensionsalter bis zu jungen Girls and Boys.
Erst vor Ort lässt sich nachvollziehen, wie groß diese Band in ihrem Heimatland tatsächlich war (wovon freilich auch eine entsprechende Kolonne an Nr.1-Platzierungen erzählt). Es scheint aber auch ein junges Fanpublikum nachgewachsen zu sein, das möglicherweise durch die Gorillaz, Albarns international noch erfolgreicheres Nachfolgeprojekt, zu Blur gefunden hat.
Im Vorprogramm feierte diese - auch international angereicherte Mixtur - an Fans übrigens bereits den "Modfather" Paul Weller, der auch mit 65 an Coolness noch immer wenig zu wünschen übrig lässt. Aber, wie singt er selbst? "That's Entertainment"
Für Unterhaltung sorgte auch die Snooker-Legende Steve Davis, der zwischendurch als DJ auflegte.
Kreativität, Käse und Kleidung
Die sehr stimmige Videoregie zeigte bevorzugt Leadgitarrist Graham Coxon und Albarn, ebenfalls oft an der Gitarre, in Kombination. Sind die beiden doch das kreative Zentrum von Blur - auch wenn es so manch schwierige Phasen gab, in der Coxon aufgrund privater Probleme aus der Band geflogen war. Bassist Alex James, der mittlerweile neben anderen Bandprojekten auch seine eigene Käserei betreibt, gab hingegen den Übercoolen. Aber selbst er akzeptierte ein Küsschen von Albarn.
Der Frontmann war zu Beginn (für die Fotografen?) im doch etwas saturiert wirkenden Jackett auf die Bühne gekommen. Doch rasch (nur aufgrund der sommerlichen Temperaturen?) verschwand das Sakko und Albarn machte im T-Shirt weiter. Später zog er sich dann - unter großem Applaus - seine Fila-Trainingsjacke an, die in den Hochzeiten der Band ein Markenzeichen Albarns war. Angeblich wurde das aktuelle Exemplar extra angefertigt, weil das Original verschollen ist (oder nicht mehr gut sitzend?).
Weitere Mitsing-Höhepunkte bildeten "Beetlebum", "End of a Century", "Country House", kleinere Patzer wie beim Intro zu "To the End" fielen in der allgemeinen Euphorie nicht wirklich auf.
Mit dem unvermeidlichen High-Speed-Rockgewitter "Song 2" und dem unsterblich schön interpretierten "This is a Low" ging es in den Zugabenteil. Und selbst hier konnten die Vier noch eines draufsetzen.
"Girls & Boys" brachte das gesamte Wembley zum Tanzen. Mit "For Tomorrow" ging es noch einmal zurück zum zweiten Album "Modern Life is Rubbish".
Beim hoch emotionalen „Tender“ sang der London Community Gospel Choir mit, wenngleich gegen den Wembley-Fanchor schwer anzusingen war.
Mit "The Narcissist" kam dann doch noch einmal das neue Album zu Ehren.
"Oh my Goodness", sagte Albarn immer wieder. Dieses Konzert und das Wiedersehen mit den Londoner Fans sei ein "Traum, der wahr geworden ist".
Zum Finale („The Universal“) erstrahlte das Stadion schließlich im Licht zweier überdimensionaler Disco-Kugeln, die hoch über den Köpfen der Zuschauer aufgehängt waren. Ein fast magischer Moment zum Träumen. „Yes, it really really really could happen“, sang Albarn.
Es kann alles noch geschehen. Und wie!
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