Bildhauergebäude des Bundes: "In einem maroden Zustand"
Es gibt Füchse, Dachse, sogar einen Rehbock. Es gibt prächtige Bäume, die unter Schutz stehen, und Skulpturen, die an verlorene Zeiten erinnern. Auch wenn über der Toreinfahrt in der Meiereistraße in Versalien "Bildhauergebäude des Bundes" steht: Kaum jemand würde vermuten, dass hier, zwischen drei riesigen Sportanlagen (dem Vienna Cricket and Football-Club, der Trabrennbahn Krieau und dem Ernst-Happel-Stadion) ein seit knapp 150 Jahren der Kunst gewidmetes Areal liegt.
Die zwei sich gegenüberstehenden Gebäude, die auch Sommerresidenzen etwa in Mähren gewesen sein könnten, wurden für die Wiener Weltausstellung 1873 errichtet: Zusammen mit einer äußerst lang gezogenen Halle bildeten sie den Kunstbezirk – rund um einen Garten, der von einer spektakulären Kopie des Sultan-Ahmed-Brunnens in Istanbul dominiert worden sein soll. In der Kunsthalle durften sich die Länder präsentieren; die beiden dreiflügeligen "Pavillons des amateurs" hingegen sollten die Sammlungen privater Kunstliebhaber beherbergen.
Hier konnte Carl von Hasenauer, mit der Planung und Errichtung aller Gebäude im Prater beauftragt, Erfahrungen sammeln. Denn in der Folge baute er zusammen mit Gottfried Semper das Naturhistorische und das Kunsthistorische Museum am Ring.
"Würde und Dauer"
Nach der Weltausstellung, der bis dahin größten ihrer Art, wurde der Großteil der Gebäude abgerissen. Lediglich die Rotunde mit der gewaltigen Kuppel und die Maschinenhalle sollten, wie Kaiser Franz Joseph im Juli 1875 festhielt, noch fünf Jahre bestehen bleiben – und die beiden Amateur-Pavillons sogar zehn Jahre. Denn die Bildhauer brauchten dringend Ateliers für ihre monumentalen Ringstraßen-Skulpturen.
So kam es, dass diese Gebäude, die, wie der Architekturkritiker Matthias Boeckl schrieb, "eine Aura von Dauer und Würde verströmten", erhalten blieben. Wenn auch nicht ganz unbeschadet: Bei der Schlacht um Wien im April 1945 wurde der nördliche Pavillon von einer Bombe getroffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer recht radikalen Wiederherstellung mit provisorischem Charakter: mit nackten Betonpfeilern statt Säulen, ohne jegliches plastisches Dekor.
Von da an tat sich nicht mehr viel. Das von Josef Pillhofer, Karl Prantl, Bruno Gironcoli, Roland Goeschl, Gerhardt Moswitzer und anderen Bildhauern genutzte Paradies geriet mehr oder weniger in Vergessenheit. Und der Bund tat nicht einmal das Dringlichste, um die Gebäude zu erhalten. Sie schienen dem Verfall preisgegeben.
Im April 2010 allerdings kündigte die damalige Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) an, dass die Praterateliers in das Eigentum der Bundes Immobilien Gesellschaft (BIG) übertragen und von dieser um zwei Millionen Euro saniert würden: Bis zum Sommer werde, tat sie kund, ein Konzept erarbeitet, um die "Adaptierungen rasch durchführen" und neue Mietverträge abschließen zu können. Denn seit dem Tod von Alfred Hrdlicka (am 5. Dezember 2009) und Bruno Gironcoli (am 19. Februar 2010) werde "in acht der 23 Ateliers nicht gearbeitet", sie hätten "wegen ihrer Sanierungsbedürftigkeit" nicht vermietet werden können.
"Auf das Notwendigste"
Getan hat sich so gut wie nichts. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) erklärt im Gespräch mit dem KURIER, dass aufgrund der eher geringen Mieteinkünfte – es gibt einen reduzierten Zinssatz – und der Budgetsituation des Ministeriums die Instandhaltungsmaßnahmen auf das "Notwendigste beschränkt" gewesen seien: "Daraus ergibt sich ein Rückstau an Sanierungsbedarf." Das Dach etwa sei "in einem maroden Zustand".
Doch Mayer lächelt schelmisch. Denn ihrem Ministerium ist es gelungen, von der EU im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans (ARP) Vorhaben mit einem Gesamtbudget von 66,5 Millionen Euro zu verankern. Nun können endlich das Volkskundemuseum (die Stadt Wien sträubt sich als Eigentümer der barocken Immobilie seit Jahrzehnten gegen Investitionen) und eben – um geschätzte elf Millionen Euro – die Praterateliers saniert werden.
Die Verfünffachung der Kosten innerhalb von zwölf Jahren erklärt Mayer so: "Die zwei Millionen hätten nur eine Basissanierung bedeutet. Durch die Verankerung im ARP ist eine viel weiter reichende Neugestaltung der Ateliers möglich." Die endgültige Summe stünde aber erst nach der konkreten Planung fest; die ersten Schritte seien Ende 2021 mit der BIG eingeleitet worden.
Und man denkt auch über konzeptuelle Veränderungen hin zu einem lebendigen Ort der Kunstproduktion nach: frei werdende Ateliers könnten in mehrere kleine aufgeteilt werden, bei der Vergabe sollen Aspekte der Vernetzung eine größere Rolle spielen, auch ein allgemeiner Veranstaltungs- bzw. Ausstellungsraum ist angedacht.
2010 hatte Schmied bekannt gegeben, dass unter den Nutzern – darunter Hans Hollein, Werner Würtinger und Hans Kupelwieser – bloß zwei Frauen seien: Ulrike Truger und Ingeborg Göschl-Pluhar. Heutzutage betrage das Verhältnis bereits 7 zu 10: Mieterinnen sind Judith Fegerl, Lotte Lyon, Ruth Schnell, Claudia Märzendorfer, Evelyn Loschy, Jakob Lena Knebl und Hans Ashley Scheirl.
Doch laut Mayer gibt es insgesamt 20 Ateliers. Nein, sie stehen nicht leer, sie werden von Geistern bewohnt: von Joannis Avramidis (gestorben am 16. Jänner 2016), Oswald Oberhuber (gestorben am 17. Jänner 2020) und eben Alfred Hrdlicka. Dabei wurden die Ateliers seit jeher nur auf Lebenszeit vermietet.
"Das letzte Mittel"
Mayer zuckt die Schultern: "Es ist nicht ganz einfach. Wo soll der künstlerische Nachlass hinkommen? Die Nachkommen müssen – oder müssten – eine Unterstellmöglichkeit organisieren. Das tun sie mit unterschiedlichem Engagement. Und wir wollen die Nachlässe nicht gefährden."
Seit 1990 werden die Praterateliers "grundsätzlich" für maximal 15 Jahre vergeben, aber es gibt eben noch unbefristete Mietverträge. Die tatsächlich nicht nach dem Tod des Künstlers enden? "Das ist eine rechtlich diffizile Angelegenheit. Wir sind mit den Nachkommen und mit der Finanzprokuratur in Kontakt, um gute Lösungen zu finden."
Das dürfte wohl Wunschdenken sein: Alfred Hrdlicka ist bereits 13 Jahre tot. Wäre daher nicht eine Räumungsklage angebracht? Sie sei, so Mayer, "das letzte Mittel".
Die Finanzprokuratur habe jetzt (in einem anderen Fall) die ersten rechtlichen Schritte eingeleitet. "Ich hoffe aber nach wie vor, dass wir überall gütliche Lösungen finden." Denn eines ist klar: "Dass die Ateliers lebenden Künstlerinnen und Künstlern zur Verfügung stehen sollen."
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