Bildhauer Walter Pichler gestorben

Bildhauer Walter Pichler gestorben
Der gebürtige Südtiroler, einer der scheuesten und eigenwilligsten unter den heimischen Künstlern, ist am Montag gestorben.

Abseits der Aufregungen des Kunstbetriebs verfolgte er Jahrzehnte lang konsequent seine konzentrierte Arbeit, von der man nur gelegentlich neue Ausschnitte zu sehen bekam.  Etwa im letzten Herbst gab die Ausstellung "Skulpturen Modelle Zeichnungen" im MAK einen Einblick in das erratische Oeuvre dieses Grenzgängers zwischen Zeichnung, Bildhauerei und Architektur. Am Montag ist  Pichler laut Zeit im Bild nach langer schwerer Krankheit mit 75 Jahren gestorben.

Er war überhaupt der Meinung: "Die Leute leben viel zu lustig für ein Leben, das mit dem Tod endet."

Skulpturenprojekte

Pichler, geboren 1936 in Südtirol, wuchs in einer Handwerker- und Bauernfamilie auf, studierte an der Wiener Akademie für angewandte Künste, war zu längeren Aufenthalten in Paris und New York, wurde von Alberto Giacometti und Constantin Brancusi beeinflusst. Vor allem aber gefielen ihm die assyrischen und ägyptischen Skulpturen im Louvre.

Österreichs junge Architekturavantgarde, Raimund Abraham, Coop Himmelb(l)au und Hans Hollein waren Pichlers Mitstreiter in den 60er-Jahren. Pichlers Skulpturenprojekte, die "Prototypen", etwa das tragbare Wohnzimmer ("TV-Helm") oder das Telefonset,  angesiedelt im Grenzbereich zwischen Architektur, Design und Skulptur, machten nach ihrer Präsentation in der Galerie nächst St. Stephan auf der documenta 4 in Kassel Furore. Mit Hollein war Pichler 1967 auf einer folgenreichen Ausstellung im Museum of Modern Art New York präsent.

Pichlers Kunst sei eine "faszinierende Mischung aus Reaktion und Avantgarde", schrieb ein Kritiker. Von kleinen "Projekten" im Museum of Modern Art in New York (1975) über die Kunstbiennale Venedig (1982) bis zur komplexen Retrospektive im Stedelijk Museum Amsterdam (1998) reichten seine Ausstellungen.

Er lebte teils in Wien, teils auf einem kleinen, aus ein paar Gebäuden bestehenden Hof in St. Martin im Burgenland.  Dort hat er sich im Laufe der Jahre ein Museum für seine archaischen Holz- und Metallskulpturen gebaut, denen man ansieht, dass ihr Schöpfer viel in der Welt herumgekommen ist: "Primitiv hat mir immer besser gefallen als sophisticated", sagte der zwischen den Künsten arbeitende Plastiker und Zeichner.

Für seine Skulpturen, von denen er keine mehr verkaufte, errichtete er eigene Behausungen: ein "Haus für den Rumpf und die Schädeldecken", eines "für den Wagen" oder "für die bewegliche Figur".

Zeichner

Ein fantastisches Architektur-Ensemble, ein geheimnisvoller Tempelbezirk und eine Kunstpilgerstätte entstand, finanziert durch die Zeichnungen Pichlers, der viele Jahre das grafische Erscheinungsbild des Residenz-Verlages bestimmt und für Jung und Jung Bücher gestaltet hat.

Nur in Ausnahmefällen hat der der Träger des Großen Österreichischen Staatspreises seinen Objekten, Stelen, Figuren, Transportbehältnissen, Betten, die wie Totems eines Kultes wirken, einen Ortswechsel zugemutet.  Um zu sehen, ob seine Kunstwerke auch außerhalb des für sie geschaffenen Kunstbezirks Bestand haben: "Sie machen eine Reise, bleiben eine Zeitlang da, und ich schaue mir an, ob sie unter diesen neuen Umständen auch funktionieren."

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