Bilderbuch in der Arena: Wiener Festwochen des Pop

Bilderbuch
Man reibt sich auch jetzt wieder verdutzt die Augen, was da entstanden ist.

Manchmal verliebt man sich in eine Band, sagt Maurice Ernst, und eigentlich müsste man lachen, aber es naht jetzt schon der nächste Sommer mit Bilderbuch, nach dem vorigen Sommer mit Bilderbuch, und spätestens jetzt gilt man eigentlich schon als fix zusammen. Da gibt es keine „Ich warte auf deinen Anruf“-Spielchen mehr, da ist halt die Arena gleich drei Mal hintereinander ausverkauft, und das ist fast schon so wie zuhause im Pyjama gemeinsam fernschauen.

Fast schon hatte man aufgegeben, ihn zu suchen, den großen Pop aus Österreich; den früheren hält man nicht mehr aus, der jüngere verkriecht sich in der Lederhose oder der Lederjacke. Bilderbuch aber kamen vom Land und eroberten die Stadt, und sie feiern die große, weltumspannende Geste. Gitarrist Michael Krammer trägt Männerdutt und enges Gewand und schwingt die Hüfte, als ob Gitarristen immer noch dazu da sind, die Hüfte zu schwingen, und wenn er sie in Richtung Maurice Ernst schwingt, schwingt der zurück. Und die Mädels, denen rechtzeitig erzählt wurde, dass Bilderbuch wieder in der Stadt sind, kreischen.

Selbst das Schlagzeug haut an Orte, die man längst vergessen zu haben glaubt. Und zwei Gospelsängerinnen umrahmen das Ganze mit einer Aura des Kirchenbesuches. Maurice Ernst singt „Christus sagt ,Come drink!‘ und ich drinke Drink“, und dann gleich das selbe mit Mohammed, und man trinkt, und man tanzt, und Maurice Ernst steht vor einer Wand aus weißen Turnschuhen.

Und man reibt sich auch jetzt wieder verdutzt die Augen, was da entstanden ist. Bilderbuch sind sogar schon so weit, auch die vor sich hinstehendsten Neukreationen von „Magic Life“ auf die Bühne zu bringen, mit diesen dort herumzulungern – und damit zu begeistern. Das Unterhaltungsselbstbewusstsein hängt so tief wie die Gitarre, der Bass funkt Signale der Tanzbarkeit in den Raum, Maurice Ernst säuselt und näselt hinüber zum gar nicht weit entfernten Zentralfriedhof, wo Falco rumliegt.

Das (popmusikalische) Leben schmeckt immer noch nach Mehr. Es ist laut und tanzbar und gut gelaunt, es glitzert und glänzt. Bilderbuch machen mit Schmäh ganz unverkopfte „Wiener Festwochen“ in der Arena („Du bist hinter meinem Hintern her“), und alle waren froh, dass sich die lange Besucherschlange, die sich vor Beginn um das Haus herumgewickelte hatte, bei Konzertbeginn aufgelöst hatte. Man will ja derartige Bilderbuch-Abende nicht versäumen.

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