"Bier kennt der Affe nicht"

"Bier kennt der Affe nicht"
Conrad Seidl führt launig durch Geschichte und Kultur der Brauwelt.

Dietrich Fischer-Dieskau war der „Liederpapst“, Marcel Reich-Ranicki „Literaturpapst“, Wolfram Siebeck „Gourmetpapst“ – und Conrad Seidl firmiert als „Bierpapst“. Somit sind wir – Österreicher – auch ein bisschen Papst.

Im Brotberuf Innenpolitik-Redakteur des Standard, hat sich Seidl über Jahrzehnte ein zweites (eigentliches?) Standbein als einer der führenden Bierexperten aufgebaut – und zwar international, das Papstamt ist ja ein globales, sonst wäre er nur „Bierbischof“.

Nun, seit Kurzem im (Un-)Ruhestand, hat Seidl ein neues Bierbuch vorgelegt – und es ist, wie bei dem brillanten und umfassend gebildeten Autor nicht anders zu erwarten, höchst vergnüglich zu lesen: Seidl räumt mit diversen „Biermythen“ auf, beispielsweise mit dem, dass Bier ein Durstlöscher sei. „Gutes Bier soll den Durst gar nicht löschen. Es soll zum Weitertrinken anregen“, zitiert Seidl einen tschechischen Braumeister. Und überhaupt: Dass es kein Gegenteil von „durstig“ – wie „satt“ zu „hungrig“ – gibt, sei wohl ein Indiz, dass die Leute gar nicht „undurstig“ werden wollen.

Eindeutig Partei ist der Autor natürlich in der Frage „Bier oder Wein?“, sagt er doch von sich selbst, dass er keinen Wein trinkt, außer Barley Wine (ein starkes, in Holzfässern gereiftes Ale). Um seinen Standpunkt zu untermauern, holt Seidl kulturgeschichtlich und biochemisch weit aus: Wein, also aus Fruchtzucker vergorener Alkohol, erfreut auch Tiere, führt er aus – etwa wenn Affen sich am Saft vergorener Früchte berauschen. Indes: „Bier kennt der Affe nicht. Aber der frühe Mensch kennt es.“ Weinliebhaber, insbesondere solche, die kein Bier mögen, werden das möglicherweise als leicht polemisch empfinden …

Der Bock springt nicht

Einigermaßen bekannt ist Interessierten vielleicht, dass das Bockbier ungeachtet mancher einschlägiger Etikettierungen nichts mit gehörnten Tieren zu tun hat, sondern sich von der niedersächsischen Stadt Einbeck herleitet: Das „ainpöckische“ Bier wurde für den Export über weite Strecken kräftig und alkoholreich eingebraut.

Weniger bekannt ist hingegen, dass das Zwicklbier ursprünglich nicht trüb, sondern klar sein sollte: Wenn die über den Zwicklhahn aus dem Fass gezogene Probe noch trüb war, galt das als Zeichen des Unfertigen – erst ein klares war ein gutes „Zwicklbier“.

Und wie viel Bier kann man trinken? Weil heuer ein Bruckner-Jahr ist: „Abends habe der Komponist 13 bis 17 Seidel Bier getrunken – ‚täglich‘, wunderte sich ein Biograph.“

"Bier kennt der Affe nicht"

Conrad Seidl: „Biermythen“, Der Apfel, 250 Seiten, 24,90 Euro

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