Besuchszahlen: Verhaltene Freude in Museumshallen
Museumsmanagement ist nicht Quantenphysik, doch im Freudentaumel über den Nobelpreis an Anton Zeilinger drängt sich eine oberflächliche Analogie auf. Denn fragt man nach den Besuchszahlen in Österreichs großen Museen, ist der Eindruck, dass die Häuser zugleich voll und leer sind – es hängt von der Messung ab.
Der KURIER fragt in seiner Serie nach dem Status des Publikumszuspruchs in Kulturistitutionen zwischen „Post-Pandemie“-Erleichterung und anhaltender Unsicherheit. Aus Kunstmuseen hört man dazu weitgehend übereinstimmend, dass 2022 ab dem Frühling ein reger Aufwärtstrend im Besuch von Ausstellungen zu verzeichnen war. Die Herbstsaison ist – mit Blockbustern wie der Basquiat-Ausstellung in der Albertina – vielversprechend gestartet. Doch die Pandemieentwicklung lässt die Frage offen, ob die Dynamik anhält.
Keine Komfortzone
„Im Sommer wurden rund 80 Prozent der Besuchszahlen von 2019 erreicht“, heißt es etwa aus dem Belvedere, das traditionell einen hohen Anteil internationaler Touristen verzeichnet. Das sonst stark vertretene Publikum aus Fernost ist nicht wirklich zurückgekehrt. Über das Jahr rechnet das Belvedere mit seinen drei Standorten mit 1,1 Millionen Besucher*innen, was 65 % des Niveaus von 2019 ausmachen würde – „vorausgesetzt, es kommt zu keinen weiteren Einschränkungen“.
Übereinstimmend berichten die Häuser auch, dass 2019 aufgrund des hohen Tourismusaufkommens ein überaus starkes Jahr war. Das MAK, das damals die höchsten Besuchszahlen seiner Geschichte verzeichnete, liegt nach eigenen Angaben derzeit 40 % unter diesem Niveau – verglichen mit 2018 mache das Minus aber nur 5 Prozent aus. Insgesamt rechnet das MAK heuer mit 130.000 Besuchen. „Auch bei unseren österreichischen Besucher*innen rechnen wir aufgrund der hohen Inflation, die die Kaufkraft empfindlich schmälert, mit verhalteneren Besuchen“, heißt es.
Ähnlich das Bild im mumok, wo man 2022 ein Besuchslevel von 15 % unter dem Niveau von 2018 prognostiziert – vorausgesetzt, die Marke von 200.000 Besuchen wird geknackt. Dies dürfte nur der Fall sein, wenn der aktuelle Zuspruch (bisher: 153.000 Besuche) aufrecht bleibt.
Regionaler Zuspruch
Dass das österreichische Publikum in der Pandemiezeit zu einer wichtigen Stütze der Museen wurde – und auch einen merkbaren Hunger nach Kunst und Kultur zeigte – ist ebenfalls aus vielen Häusern zu hören. In den traditionell weniger tourismuslastigen Museen der Stadt Linz (Kunstmuseum Lentos, Stadtmuseum Nordico) liegen Besuchszahlen heuer rund 50 % über jenen des Jahres 2021 und nähert sich an 80 % des Levels von 2019, was laut Lentos mit vielen anderen Häusern in Österreich vergleichbar sei. Auch in der „Langen Nacht der Museen“, die am vergangenen Samstag österreichweit stattfand, meldeten einzelne Häuser Rekordzahlen, darunter die Kunsthalle und das Leopold Museum im Wiener Museumsquartier. Generell sei der Zuspruch zu Veranstaltungen aber sehr unterschiedlich.
Das lokale Publikum kann aber die steigenden Energie-, Personal- und Transportkosten der „Kulturtanker“ nicht auffangen, wie Klaus Albrecht Schröder, Chef der Albertina, betont.
Das Museum rechnet an seinen zwei Standorten heuer mit 870.000 Besuchen – 2019, noch vor Eröffnung der „Albertina Modern“ im Künstlerhaus, waren es 1,1 Millionen gewesen. „2020 und 2021 gibt es jeweils ein Minus von 13 Millionen* an Mindereinnahmen“, so Schröder. „Obwohl die Albertina die geringste Eigendotierung aller Museen hat, haben unsere Reserven bis jetzt gehalten. Sie werden jedoch bis Jänner 2023 erschöpft sein.“
(*die Albertina korrigierte ihre Angaben)
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