Von: Susanne Zobl
Mit Leonard Bernsteins „Candide“ verschafften Marin Alsop am Pult des ORF Radiosymphonieorchesters (RSO) und Regisseurin Lydia Steier dem MusikTheater an der Wien einen Triumph. Lob gab es auch von Jamie Bernstein, der Tochter des Komponisten: „My father would have loved the show.“
Im Musikverein, wo Alsop nicht die unvorteilhafte Akustik in der Halle des Museumsquartiers ausgleichen musste, entfachte sie noch deutlicher den Esprit der „Candide“-Ouvertüre. Bei Bernsteins zweiter Symphonie für Klavier und Orchester, der Vertonung von W. H. Audens Versepos „The Age of Anxiety“, ließ sie mit dem Pianisten David Fray und dem hervorragend disponierten RSO die Unerbittlichkeit dieser Musik spüren.
Es geht um desperate Menschen und ihre Angst vor dem Krieg. In diesem zutiefst aufwühlenden Klangtheater bestach Fray mit kristallklaren Anschlägen bei den fordernden Solo-Passagen. Dämonisch, wenn die Celesta einem verzerrten Echo gleich dem Klavier antwortete. Bei Dmitrij Schostakowitschs „Fünfter“ setzte Alsop auf subtile Gestaltung. Vor allem die der Marschrhythmen ließ das Unheilvolle, das Elend eines geknechteten Volks und das Leiden des Komponisten unter Stalins Diktatur spüren.
Süffiger Vollklang
Im Finalsatz überraschte ein Hauch von Mahler. Den stellte Alsop ins Zentrum des Abends im Konzerthaus. Bei Gustav Mahlers „Vierter“ in G-Dur war die Bernstein-Schülerin zu erkennen. Feinst ausdifferenziert hielt sie die Balance zwischen Transparenz und süffigem Vollklang.
Ironie, intoniert durch die Schellen, das ständige Changieren zwischen Frohsinn und Verstörung, eröffnete frische Perspektiven auf Mahler. Louise Alder, für Fatma Said eingesprungen, betörte mit ihrem Solo wie zuvor bei Maurice Ravels „Shéhérazade“-Liedzyklus. Bei Claude Debussys „Prèlude à l’après – midi d’un faune“ (sehr gut die Solo-Flöte) demonstrierte das Orchester seine Flexibilität. Jubel.
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