Berlinale: Goldener Bär für "Touch Me Not"

Adina Pintilie.
Regisseurin Adina Pintilie erforscht in ihrem Film die Spielarten und Grenzen menschlicher Sexualität.

Der radikale rumänische Experimentalfilm "Touch Me Not" hat bei der 68. Berlinale überraschend den Goldenen Bären gewonnen. Regisseurin Adina Pintilie (38) erforscht in ihrem semidokumentarischen Film die Spielarten und Grenzen menschlicher Sexualität.

Während des Festivals hatte das auch mit deutschem Geld realisierte Werk die Kritiker gespalten. Als Präsident der Jury hatte sich Regisseur Tom Tykwer ("Lola rennt") "wilde und sperrige" Filme gewünscht. Es ist das zweite Mal, dass ein rumänischer Film die höchste Auszeichnung des Festivals gewinnt. Die deutschen Favoriten gingen leer aus, obwohl ihnen zum Teil große Chancen eingeräumt worden waren.

Frauen spielten starke Rolle

Den Großen Preis der Jury holte am Samstagabend die polnische Regisseurin Malgorzata Szumowska (44) mit ihrer Gesellschaftsparabel "Gesicht" ("Twarz"). Satirisch und anrührend erzählt sie von einem jungen Mann, der nach einer entstellenden Gesichtstransplantation nicht nur in seinem Umfeld, sondern auch in der eigenen Familie abgelehnt wird.

Berlinale: Goldener Bär für "Touch Me Not"
Polish director and screenwriter Malgorzata Szumowska speaks to the audience after being awarded the Silver Bear Grand Jury Prize for the movie "Mug" (Twarz) during the awards ceremony of the 68th edition of the Berlinale film festival on February 24, 2018 in Berlin. / AFP PHOTO / Tobias SCHWARZ

Beide Filme gehörten bei den Kritikern nicht zu den heißen Favoriten. "Wir haben herausgefunden, dass wir nicht nur das würdigen wollen, was Kino kann, sondern auch das, wo es noch hingehen kann", sagte Jury-Präsident Tykwer.

Die Jury-Entscheidung bewies aber erneut, dass Frauen bei dem Festival eine ungewöhnlich starke Rolle spielten. Das gilt auch für den paraguayischen Film "Die Erbinnen" ("Las herederas") von Marcelo Martinessi, der den Alfred-Bauer-Preis erhielt. Die Auszeichnung gilt einem Spielfilm, der neue Perspektiven eröffnet. Ana Brun (68) bekam für ihre Rolle in dem tragikomischen Drama um ein alterndes lesbisches Paar den Silbernen Bären als beste Darstellerin.

Franzose Bajon bester Schauspieler

Zum besten Schauspieler kürte die Jury den Franzosen Anthony Bajon (23), der in Cedric Kahns "Das Gebet" einen 22-jährigen Drogenabhängigen spielt. Intensiv und glaubwürdig zeichnet er den zermürbenden Kampf gegen die Drogensucht nach, der ihm mit Hilfe des Glaubens gelingen soll.

Berlinale: Goldener Bär für "Touch Me Not"
French actor Anthony Bajon speaks to the audience after he was awarded the Silver Bear for Best Actor during the awards ceremony of the 68th edition of the Berlinale film festival on February 24, 2018 in Berlin. / AFP PHOTO / Tobias SCHWARZ

Als großer Anwärter auf den Darstellerpreis war auch der 32-jährige Berliner Franz Rogowski gehandelt worden. Der diesjährige Shootingstar der Berlinale überzeugte sowohl in Christian Petzolds Flüchtlingsdrama "Transit" wie auch in Thomas Stubers poetischem Liebesfilm "In den Gängen".

Weder er noch die grandiose Marie Bäumer als Romy Schneider in der österreichischen Koproduktion "3 Tage in Quiberon" konnte einen der begehrten Darsteller-Preise ergattern. Auch in anderen Kategorien wurde der deutsche Film nicht bedacht, obwohl er mit 4 von 19 Kandidaten besonders gut vertreten war.

Beste Regier an Wes Anderson

Den Silbernen Bären für die beste Regie sprach die Jury dem US-Kultfilmer Wes Anderson zu. Mit seiner märchenhaften Hundeparabel "Isle of Dogs" hatte erstmals ein Animationsfilm die Berlinale eröffnet. Seine Stop-Motion-Tricktechnik kam auch beim Publikum gut an. Schauspieler Bill Muray nahm den Preis in dessen Namen an.

Berlinale: Goldener Bär für "Touch Me Not"
Actor Bill Murray holds the Silver Bear for Best Director award on behalf of Wes Anderson for movie Isle of Dogs during the awards ceremony at the 68th Berlinale International Film Festival in Berlin, Germany, February 24, 2018. REUTERS/Axel Schmidt

Der mexikanische Regisseur Alonso Ruizpalacios holte für seinen vergnüglichen Verbrecherfilm "Museo" gemeinsam mit seinem Kollegen Manuel Alcala den Silbernen Bären für das beste Drehbuch. Elena Okopnaya bekam die Auszeichnung als herausragende künstlerische Leistung für Kostüm und Design in dem stimmungsvollen Schriftstellerdrama "Dovlatov" von Alexey German Jr.

Insgesamt waren bei dem elftägigen Festival 385 Filme aus 78 Ländern zu sehen. Am Sonntag geht die Berlinale mit einem Publikumstag zu Ende. Im vergangenen Jahr hatte der ungarische Liebesfilm "Körper und Seele" von Ildiko Enyedi den Goldenen Bären gewonnen.

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