Die Mona Lisa von Österreich

Kämpfen um die "Goldene Adele" von Gustav Klimt: Helen Mirren als Maria Altmann und Ryan Reynolds als ihr Anwalt Randy Schoenberg in dem Justizkrimi "Woman in Gold".
Simon Curtis’ Restitutionsthriller "Woman in Gold" mit Helen Mirren: Packend und pädagogisch.

Sie begann mit Gelächter und endete mit Applaus – die mit Spannung erwartete Pressevorführung des Restitutionsthrillers "Woman in Gold", der am Montag auf der Berlinale seine Gala-Premiere feierte.

Gelächter, weil Moritz Bleibtreu so gar nicht aussieht wie Gustav Klimt, selbst wenn er Rauschebart trägt. Applaus, weil Brit-Regisseur Simon Curtis in seinem pathetisch-konventionellen, aber mitreißenden Prestige-Krimi den acht Jahre andauernden Streit um die Rückgabe von fünf Klimt-Bildern aus dem Belvedere packend nacherzählt.

Kampf um das Erbe

Helen Mirren brilliert als charmant-herbe Maria Altmann, die um das Erbe ihrer aus Wien vertriebenen jüdischen Familie kämpft; an ihrer Seite behauptet sich Ryan Reynolds als anfänglich unbedarfter Junganwalt E. Randol Schoenberg, Enkel des berühmten Wiener Komponisten. Ihr gemeinsamer Feind: Das offizielle Österreich, das in seinem arroganten Verhalten gegenüber den Forderungen der rechtmäßigen Erbin äußerst schlecht wegkommt.

Besonders die Herausgabe des goldenen Porträts von Adele Bloch-Bauer, der "Mona Lisa von Österreich", sei "nicht verhandelbar", wird Frau Altmann von Vertretern der Restitutionskommission angeherrscht. Und die damalige Ministerin Elisabeth Gehrer verkündet stolz im Fernsehen, dass die Klimt-Bilder Österreich nicht verlassen.

Im Gegensatz zu dem so zerfahrenen Raubkunst-Thriller "The Monument Men" verankert Curtis gekonnt das Herz seines Films mit viel Dialogwitz in der Freundschaft zwischen Frau Altmann und dem jungen Schoenberg. Letzterem geht es zuerst nur um Geld und Karriere, doch nach einem Besuch in Wien wird es auch für ihn persönlich.

Auf der Erzählebene des Justizkrimis funktioniert "Woman in Gold" am besten: Der Mangel an Unrechtsbewusstsein, den die österreichischen Behörden an den Tag legen, bis es 2006 zur Rückgabe der Gemälde kommt, ist atemberaubend. Als einziger Verbündeter tritt der Publizist Hubertus Czernin auf, sympathisch gespielt von Daniel Brühl, der seit seiner Rolle als Niki Lauda in "Rush" offensichtlich als Parade-Österreicher des internationalen Kinos gilt.

Weniger gut funktionieren Curtis’ Rückgriffe in die Vergangenheit. In manikürten Flashbacks wird in hingeworfenen Szenen das innige Verhältnis zwischen Maria und ihrer Tante Adele beteuert – als müsste man die Rechtmäßigkeit ihrer Forderung mit persönlichen Beziehungen untermauern. Überhaupt bleiben die Ausflüge ins Nazi-Wien und die Flucht der Altmanns historisches Kostümfest: effektvoll in seiner Melodramatik, doch schematisch in seiner Pädagogik.

Die wahre Geschichte rund um die "Goldene Adele" ist ein wenig anders als im Film "Woman in Gold" – zumal es eine Vorgeschichte gibt. Ende 1997 wurden in New York zwei Bilder von Egon Schiele aus der Sammlung Leopold beschlagnahmt, weil sie im Verdacht standen, NS-Raubkunst zu sein. In Wien setzten nun hektische Provenienzforschungen ein, an denen sich Journalisten beteiligten. Am 14. Februar 1998 berichtete der Standard über den Fall Rothschild, eine Woche später legte Hubertus Czernin den Fall Bloch-Bauer dar.

Am 5. November begann "Der Kampf um Klimt": Maria Altmann, die nach einer abenteuerlichen Flucht vor dem NS-Regime seit 1940 in den USA lebte, erhob Anspruch auf fünf Gemälde von Klimt, die ihrem Onkel Ferdinand Bloch-Bauer gehört hatten. Sie befanden sich seit der NS-Zeit in der Österreichischen Galerie Belvedere. Konkret ging es um die Porträts "Adele Bloch-Bauer I", genannt die "Goldene Adele", und "Adele Bloch-Bauer II" sowie drei Landschaftsbilder.

Ende Juni 1999 lehnte der Rückgabebeirat eine Restitution ab: Die Republik fühlte sich aufgrund einer Passage im Testament von Adele Bloch-Bauer zu Recht im Besitz der Gemälde. Die damalige ÖVP-Kulturministerin Elisabeth Gehrer verweigerte Maria Altmann Gespräche über eine gütliche Einigung. In der Folge brachten die Bloch-Bauer-Erben Klage ein – zunächst in Wien. Es wären aber 1,74 Millionen Euro an Gebühren zu entrichten gewesen. E. Randol Schoenberg, der Anwalt von Maria Altmann, klagte daher die Republik Österreich im August 2000 in Los Angeles.

Österreich bestritt natürlich die Zuständigkeit des US-Gerichts, doch auch die Berufung half nichts: Im Juni 2004 erkannte das Höchstgericht in Washington die Zuständigkeit an. Mitte Mai 2005 einigten sich die Parteien auf ein Schiedsverfahren. Am 15. Jänner 2006 sprach sich das dreiköpfige Schiedsgericht für die Rückgabe aus.

Die fünf Klimt-Bilder wurden am 14. März 2006 nach L.A. transportiert. Der Kosmetikhersteller Ronald S. Lauder erwarb die "Goldene Adele" für die Neue Galerie in New York um 135 Millionen Dollar, damals 106,7 Millionen Euro. Die restlichen vier Bilder gelangten am 8. November 2006 bei Christie’s in New York zur Versteigerung. Maria Altmann starb am 7. Februar 2011 – wenige Tage vor ihrem 95. Geburtstag.

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