Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

Der Brite Benedict Cumberbatch brilliert als "Sherlock" und spielt Julian Assange – gegen dessen Willen.

Man muss nicht gleich eine „Cumberbitch“ sein, um Benedict Cumberbatch zu mögen. „Cumberbabe“ reicht auch. Das findet zumindest der charismatische Brite, wenn er über seine weiblichen Fans spricht – und von denen gibt es eine ganze Menge. „Cumberbitches“ nannten sich nämlich selbstironisch die vernarrten Britinnen, die den vielseitigen Schauspieler und seine markanten Wangenknochen anbeten. Von seiner weichen Stimme und den hellen Augen ganz zu schweigen.

Cumberbatch fand diese Selbstbezeichnung etwas fragwürdig– auch von einem feministischen Standpunkt aus betrachtet. Und schlug den begeisterten Damen stattdessen den Kosenamen „Cumberbabes“ vor.

Wie auch immer. Der vielseitige Benedict Cumberbatch hatte bereits 2004 in dem TV-Drama „Hawking“ als Astrophysiker Stephen Hawking brilliert; oder sich in einer weiteren BBC-Produktion als Vincent Van Gogh das Ohr abgeschnitten.

Von "Sherlock" bis zu Julian Assange
Sherlock

Doch spätestens seit 2010, als der heute 37-jährige Londoner für die meisterliche BBC-Serie „Sherlock“ den berühmten Detektiven als modernes Mastermind neu erfand, warf sich das Publikum endgültig begeistert für ihn weg. Die zweite Staffel von „ Sherlock“ übertraf angeblich sogar den Erfolg von „Mad Men“ – und bisher brachte ihm die Serie zwei Emmy- und eine Golden-Globe-Nominierung ein. Die dritte Staffel läuft diesen Winter an und gehört zu den meisterwarteten Serienstarts der Saison.

„So schnell zu sprechen, wie er denkt“ – das mache unter anderem die Attraktion seines eisigen Sherlock Holmes aus, findet Cumberbatch und besticht in seinem Spiel mit minimalem Gestenrepertoire und größter sprachlicher Präzision. Tatsächlich scheint es ihm eine Leichtigkeit, sechsseitige Monologe ohne Punkt und Pause einfach aus sich herausperlen zu lassen. Wie verdammt schwierig dies allerdings zu spielen sei, gibt er gerne zu.

Unterkühlt

Auch im Jahr 2013 war der Sohn zweier Schauspieler-Eltern überaus fleißig. Als unterkühlt-manipulativer Bösewicht „Khan“ in J. J. Abrams „Star Trek: Into Darkness“ erläutert er mit stechendem Blick und verhaltenem Hass seine blutige Vorgangsweisen. In Steve McQueens umjubelten Sklaverei-Drama „12 Years a Slave“ (Kinostart Anfang nächsten Jahres), spielt er einen Sklavenhalter mit weichem Herzen und schafft es mühelos, diesen Widerspruch in seinem nuancierten Spiel darzulegen.

Und schließlich seine Rolle als weißhaariger WikiLeaks-Gründer Julian Assange: Benedict Cumberbatch hatte es sich nicht leicht gemacht. Er bat den streitbaren Gründer der Internet-Enthüllungsplattform zwecks Rollenvorbereitung um ein persönliches Treffen, was dieser ablehnte. In einer eMail riet Assange Cumberbatch scharf davon ab, an einem Film mitzuwirken, den er als diffamierend seiner Person gegenüber empfand – und als „geriatrisches Schnarchfest“.

Benedict Cumberbatch aber ließ sich nicht abhalten – und erleuchtete auch diese Rolle mit tollem Look und glasklarem Spiel.

Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

starter for 10 HBO.jpg
Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

frankenstein_national Theatre Live.jpg
Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

gefährten.jpg
Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

Sherlock - Die Hunde von Baskerville
Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

parades end bbc.jpg
Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

star trek.jpg
Von "Sherlock" bis zu Julian Assange

third star.jpg

Julian Assange hatte es vorhergesehen: „Inside Wikileaks – Die fünfte Gewalt“ würde ein Flop werden. Tatsächlich erzielte Bill Condons bieder erzählte Entstehungsgeschichte der Enthüllungsplattform WikiLeaks – basierend auf Daniel Domscheidt-Bergs Buch „Inside Wikileaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Plattform der Welt“ – beim Kinostart in den USA die bislang schlechtesten Einspielergebnisse des Jahres. Trotz eines charismatisch-biestigen Benedict Cumberbatch als weißhaarigem Whistleblower Assange – und trotz des hervorragend präzisen Schauspiels von Daniel Brühl als dessen engster Vertrauter und späterer Gegenspieler Daniel Berg.

Kann schon sein, dass im Lichte der neuesten NSA-Abhöraffären das Interesse an Julian Assanges Internet-Website WikiLeaks in den Hintergrund geraten ist.

Kann aber auch sein, dass Condons Fantasie einfach zu beschränkt bleibt, was die Darstellung der Internet-Ära im Kino betrifft. Denn wie interessant ist es tatsächlich, Menschen dabei zuzuschauen, wie sie in den Computer starren? Rinnende Zahlenkolonnen, TV-Bilder und hektische Einblendungen von Weblinks – unterfüttert mit verschwörerisch-trommelndem Sound-Design – bemühen sich gleich zu Anfang um spannungsreiches Tempo und politische Endzeitstimmung im Informationszeitalter. Die erste Filmhälfte widmet sich der beginnenden Freundschaft zwischen Assange und seinem deutschen Bewunderer Daniel Berg in Berlin und zielt – etwas schematisch – auf den psychologischen Vergleich beider Männer ab. In der zweiten Hälfte legt „Inside WikiLeaks“ eindeutig an Thriller-Spannung zu.

Das Beharren von Assange, alle Enthüllungsdokumente auf seiner Plattform zu veröffentlichen, ungeachtet, ob es dabei zu gefährlichen Namensnennungen der Quellen kommt, kollidiert mit den zurückhaltenderen (moralischeren?) Vorgangsweisen der Printmedien wie dem Guardian. Daniel Berg macht jedenfalls aus seiner Meinung über Julian Assange kein Hehl: „Manipulatives Arschloch.“

KURIER-Wertung:

Info: "Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt". USA/B 2013. 128 Min. Von Bill Condon. Mit Benedict Cumberbatch.

Kommentare