Das Biedermeier – neu beleuchtet

Liefert als eines der ersten Gemälde der europäischen Malerei einen Eindruck vom gesellschaftlichen Zusammensein in einem Salon: Josef Danhausers „Schachpartie“, 1839
"Ist das Biedermeier? Amerling, Waldmüller und mehr" (bis 12. Februar) im Unteren Belvedere.

Was ist Biedermeier? Oft milde belächelte Spießigkeit. Aber anno dazumal mit Stil. Die Mode war schlicht, dafür unbequem schmal geschnitten. Herren trugen taillierte Anzüge. Die Damen schnürten sich in Korsetts.

Natürlich-realistisch war die Kunst in der Zeit vom Ende des Wiener Kongresses 1815 bis zum Beginn der bürgerlichen Revolution 1848, die eine politische und soziale Zäsur bedeutete: Porträts und Landschaftsmalerei im fotografischen Stil.

Und das Design? Elegant, aber dezent.

Was ist Biedermeier? "Das liegt im Auge des Betrachters", sagt Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco. So wird die Antwort auf diese Frage bei der Ausstellung mit dem Untertitel "Amerling, Waldmüller und mehr" zur Malerei von 1830 bis 1860 im Unteren Belvedere dem Besucher überlassen.

Ein Trugbild

Schon der Begriff verfälscht für Kuratorin Sabine Grabner die Tatsachen: "Denn Wien war nicht bieder." Es sei an der Zeit, diese historische Epoche mit dem altmodischen Image neu zu betrachten, mit der gern die Darstellung der Familienidylle und überhaupt der Rückzug ins Private während politisch turbulenter Zeiten assoziiert wird. Wobei durchaus Parallelen zur Gegenwart sichtbar werden.

So wird die Malerei zwischen 1830 und 1860 jetzt aus einem völlig neuen Blickwinkel präsentiert. Was spannende Vergleiche möglich macht. Im Mittelpunkt der Schau stehen großformatige Porträts und Landschaftsgemälde sowie Genrebilder. Grabner über das Neue dieser Zeit: "Diese Motive – bürgerlicher Haushalt oder bäuerliche Stube – waren nach der vorher vorherrschenden Historienmalerei damals erstmals bildwürdig."

Waldmüller

Prominent vertreten in der Ausstellung ist Ferdinand Georg Waldmüller, auch wenn ein Großteil seiner wichtigsten und bekanntesten Arbeiten wie "Fronleichnamsmorgen" oder "Vorfrühling im Wienerwald" erst nach dem offiziellen Ende der Biedermeier-Epoche 1848 entstanden ist.

Er hatte sowohl mit seinen Porträtdarstellungen, als auch mit seinen Landschaftsansichten und Figurenbildern eine Vorbildfunktion. Grabner: "Waldmüller hat auch noch während der Biedermeierzeit in seinen Bildern auf die Verelendung der Bevölkerung am Rande der Gesellschaft hingewiesen und mit seinen Darstellungen die Situation von Pfändungen, Delogierungen oder Kinderarbeit thematisiert."

Die Auswahl der Exponate in der Belvedere-Ausstellung – etwa die Hälfte kommt aus den eigenen Beständen – konzentriert sich nicht nur auf österreichische Maler, sondern reicht über die Grenzen des heutigen Österreich hinaus bis nach Oberitalien, Slowenien, nach Ungarn und Tschechien.

So gar nicht biedermeierlich lieblich, sondern geradezu kühn erotisch wirkt etwa das Gemälde "Schlummernde Frau" (1849) des Oberösterreichs Johann Baptist Reiter, eines Virtuosen der Menschendarstellung.

Malerei und Möbel

Interessant sind für die Kuratorin vor allem Künstler mit sehr eigenständigen Arbeiten wie Friedrich von Amerling, "der mit seinen einfigurigen Genrebildern eine einzigartige Stellung im Wiener Umfeld eingenommen hat."

Einflussreich auf die Kunstszene waren auch die ideenreichen Bilderzählungen Josef Danhausers, die Porträts und Genrebilder des aus Ungarn stammenden und hauptsächlich in Wien wirkenden József Borsos und die imposanten Landschaftsdarstellungen des tschechischen Malers Bedřich Havránek. Außerdem: die Figuren des in Mailand wirkenden Francesco Hayez, des führenden Künstlers der Schule der Romantiker, und die ausdrucksstarken Porträts des in Triest arbeitenden Giuseppe Tominz.

Als Ergänzung zur Malerei werden in den Sälen auch die Sitzmöbel zur Zeit gezeigt. Sie beleuchten die Entwicklung ab den 1830er-Jahren vom glatten Gestaltungsstil bis hin zur verspielten Form des Zweiten Rokoko und darüber hinaus.

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