Kunststar Meese inszeniert "Parsifal"

Kunststar Meese inszeniert "Parsifal"
Nach dem umstrittenen Schlingensief-Parsifal darf 2016 wieder ein "Enfant terrible" das Bühnenweihfestspiel inszenieren: Jonathan Meese.

Der skandalumwitterte Künstler Jonathan Meese soll 2016 in Bayreuth die Oper "Parsifal" inszenieren. Die Festspielleiterinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier verkündeten die überraschende Personalie am Mittwoch kurz vor dem Beginn der diesjährigen Richard-Wagner-Festspiele. Meese hat bisher noch keine große eigene Regiearbeit im Fach Oper geliefert. Man sei überzeugt von ihm, betonten die Festspielchefinnen jedoch.

Jonathan Meese gilt als eine der provokantesten Figuren der gegenwärtigen Kunstszene. Er ist vor allem für seine Installationen und Gemälde bekannt. Meese wurde 1970 in Tokio geboren, die Mutter stammte aus Deutschland, der Vater aus Großbritannien. Auf der Berlin Biennale wurde er mit der Installation "Ahoi de Angst" schlagartig einem breiten Publikum bekannt, später folgten Ausstellungen wie "Erzstaat Atlantisis" oder "Fleisch ist härter als Stahl". Sich selbst nennt der 42-Jährige mitunter eine "Ameise der Kunst". Erst Anfang Juni hatte er in Kassel Aufmerksamkeit mit einem umstrittenen Auftritt an der Uni erregt. "Der schlimmste Feind der Kunst ist die Demokratie", hatte er damals in einer öffentlichen Gesprächsrunde erklärt.

Parsifal: Ein Fall für die Kunst

Richard Wagners Spätwerk "Parsifal" in der Hand ungewöhnlicher Künstler - nicht das erste Mal wagt sich Bayreuth an diese Konstellation. 2004 holte der damalige Festspielleiter Wolfgang Wagner den Regisseur und Aktionskünstler Christoph Schlingensief auf den Grünen Hügel, um die Oper zu inszenieren. Schlingensiefs Produktion spaltete das Publikum. Dann folgte wieder ein erfahrener Opernregisseur für den "Parsifal", der 1882 in Bayreuth uraufgeführt worden war: Der Norweger Stefan Herheim inszenierte erstmals 2008 das mehrstündige Werk. In diesem Jahr wird seine Produktion zum letzten Mal in Bayreuth zu sehen sein.

Die Titelpartie im neuen "Parsifal" soll in vier Jahren Tenor Klaus Florian Vogt singen. Er bleibt den Bayreuther Festspielen damit eng verbunden. Vogt singt in diesem Jahr den Schwanenritter in "Lohengrin" wieder an der Seite von Annette Dasch als Elsa. Zusammen bildeten sie schon im Vorjahr das Bühnen-Traumpaar von Bayreuth.

Wagner-Halbschwestern weisen Kritik zurück

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Die Kritik an angeblichen Versäumnissen bei der Vergangenheitsbewältigung der Festspiele haben die Festspielleiterinnen zurückgewiesen. "Historiker sind dabei, das aufzuarbeiten", sagte Katharina Wagner am Mittwoch wenige Stunden vor der Eröffnung der Richard-Wagner-Festspiele. Sie und ihre Halbschwester Eva Wagner-Pasquier hätten dafür alle ihnen zugänglichen Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Der Münchner Staatsopernintendant Nikolaus Bachler hatte nach der erzwungenen Absage des Bassbaritons Evgeny Nikitin wegen dessen Tattoos mit Nazi-Symbolen die Wagner-Familie angegriffen. "Wir sind erstaunt, dass das so pauschal kam", sagte Katharina Wagner. Auch andere Familienmitglieder wie etwa Cousine Nike Wagner seien in diesen Fragen sehr engagiert. Andere Familienstämme seien dagegen zurückhaltender. Hier habe sie aber keinen Einfluss, sagte die Festspielchefin.

Youn ist ein "ganz anderer Holländer"

Bachler, an dessen Haus in München Nikitin bereits aufgetreten ist, hatte den Festspielchefinnen vorgeworfen, sie zeigten mit dem Finger auf jemanden anderen, "weil man mit der eigenen Geschichte ein Problem hat". Nikitin habe Reue gezeigt. "Eine Reue, die ich von der Familie Wagner in den letzten 50 Jahren nie vernommen habe", hatte Bachler gesagt. Er spielte damit auf den schwierigen Umgang der Familie Wagner mit der nationalsozialistischen Vergangenheit der Bayreuther Festspiele an.

Nikitin sollte an diesem Mittwoch die Titelpartie im "Fliegenden Holländer" singen, war vor wenigen Tagen aber abgereist, nachdem bekanntgeworden war, dass er sich einst Tattoos mit Nazi-Symbolik hatte stechen lassen. An Nikitins Stelle war am Abend Samuel Youn als Holländer vorgesehen. "Er ist ein ganz anderer Holländer als Nikitin es gewesen wäre", sagte Regisseur Jan Philipp Gloger.

Ring-Proben mit Castorf beginnen

Bereits in wenigen Tagen beginnen erste Proben zur "Ring"-Produktion 2013 unter der Regie von Frank Castorf. Seine Inszenierung der Tetralogie "Der Ring des Nibelungen" bildet den Höhepunkt des kommenden Jahres, wenn Richard Wagners 200. Geburtstag gefeiert wird. Im Jahr darauf steht traditionell keine Neuproduktion auf dem Spielplan. 2015 folgt dann "Tristan und Isolde", Regie wird Katharina Wagner selbst führen.

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