Banalitäten auf der Opernbühne

Banalitäten auf der Opernbühne
Nach dem Triumph mit "André Chénier" sorgen die Bregenzer Festspiele mit der "Achterbahn"-Uraufführung für eine Enttäuschung.

Der schottischen Komponistin Judith Weir, geboren 1954, ist am Bodensee ein Schwerpunkt gewidmet. Das entspricht der Bregenzer Tradition, parallel zum Spiel auf dem See bei der Opernproduktion im Festspielhaus und bei Konzerten Raritäten zur Diskussion zu stellen.

Im Kornmarkttheater wird noch Weirs "Der blonde Eckbert" zu erleben sein. Den Anfang machte im Festspielhaus die Uraufführung "Achterbahn", eine Koproduktion mit Covent Garden, für die Weir Musik und Libretto geschrieben hat. In ihrer Partitur setzt Weir auf die große musikalische Geste, pendelt recht geschickt zwischen Tonalität und Atonalem, entwickelt dabei eine gut verständliche musikalische Sprache, setzt aber keine neuen Akzente und bleibt äußerst traditionell, geradezu konservativ.

Bruch

Während in der Komposition aber immerhin der Anspruch hörbar ist, ein opernhaftes Werk zu gestalten, bleibt die Geschichte von ausgesuchter Plattheit. Die beiden Bereiche passen gar nicht zusammen. Es ist fast wie ein Rosamunde-Pilcher-Film, unterlegt mit großer symphonischer Musik.

Weir will Geschichten aus dem Leben erzählen, das ist auch bei "Achterbahn" (englischer Titel: "Miss Fortune"), basierend auf dem sizilianischen Märchen "Sfortunato", erkennbar. Es geht um reiche Menschen, die durch einen Börsencrash viel verlieren, ein Mädchen, das sich mit harter Arbeit durchschlagen muss, einen Kebab-Budenbesitzer, der auf der Straße landet, einen Waschsalon. Und um einen Lottogewinn und einen Prinzen, der das Mädchen erlöst.

Das ist so oberflächlich und banal gestaltet, dass man permanent mit Gemeinplätzen konfrontiert wird. Lottogewinn ist super - ja eh. Liebe ist noch wichtiger - jö. Frauen freuen sich, wenn sie Blumen bekommen - na dann!

Die Inszenierung von Chen Shi-Zheng ist ebenso plakativ, setzt auf der Bühne (Tom Pye) einen Pfeil wie auf einem Börsenchart ein, der zum Henkerbeil wird. Dieser Reduktionismus ist dann am kraftvollsten, wenn er durch eine Breakdancer-Gang konterkariert wird.

Tapfer

Paul Daniel sorgt mit den Wiener Symphonikern für Präzision und Klangfarben. Die Sänger schlagen sich allesamt tapfer und kämpfen gegen die Plattitüden an. Emma Bell ist eine Miss Fortune mit guter Höhe, großer Dramatik und auch allen Fähigkeiten zur sensiblen Gestaltung.

Alan Ewing (Lord Fortune) und Kathryn Harries (Lady Fortune) überzeugen ebenso wie der Countertenor Andrew Watts als Fate (Schicksal), Noah Stewart als Hassan, Anna-Marie Owens als Donna und Jacques Imbrailo als Simon. Ein mit eineinhalb Stunden Musik kurzer, sehr langatmiger Abend.

KURIER-Wertung: *** von *****

Fazit: Eine platte "Achterbahn"

Das Werk: "Achterbahn" von Judith Weir (Text und Musik), uraufgeführt in Bregenz.

Der Dirigent: Paul Daniel gestaltet die sehr traditionelle Musik mit den Wiener Symphonikern mit Ernsthaftigkeit und Präzision.

Die Sänger: Das Ensemble, angeführt von Emma Bell (Miss Fortune), singt tapfer gegen die Banalitäten an.

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