Ballett-Skandal: Staatsanwaltschaft leitet Ermittlung ein
Nach den publik gewordenen Missständen an der Ballettakademie der Wiener Staatsoper hat die Staatsanwaltschaft offiziell ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dieses richtet sich vorerst gegen drei Verdächtige, wie Behördensprecherin Nina Bussek am Donnerstag auf APA-Anfrage bekannt gab. Dabei soll es sich um zwei ehemalige Lehrerinnen und einen männlichen Kollegen handeln.
Die Untersuchungen laufen vorerst in Richtung Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses (§ 212 StGB) und Quälen von unmündigen Personen (§ 92 Absatz 1 StGB). Das Strafgesetzbuch sieht dafür Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren vor. Man stehe ganz zu Beginn der Ermittlungen, betonte Bussek.
Wie viel Zeit diese in Anspruch nehmen werden, ist derzeit nicht absehbar. Zunächst müssen die Beschuldigten vernommen und die Betroffenen zeugenschaftlich befragt werden. Die Staatsoper soll hinsichtlich einzelner Punkte von sich aus eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt haben, die zu sichten und auszuwerten ist. Die von der Staatsanwaltschaft veranlassten Erhebungen könnten zusätzliches Beweismaterial erbringen und weitere Ermittlungsschritte notwendig machen.
Der „Falter“ hatte in der vergangenen Woche schwere Vorwürfe gegen die Ballettakademie bekannt gemacht. Vornehmlich eine mittlerweile entlassene Ballettlehrerin soll im Unterricht Kinder, die teilweise erst elf Jahre alt waren, ausgesprochen grob behandelt, gekratzt, getreten und verbal gedemütigt haben. Auch hinsichtlich Gewichtskontrolle soll die Lehrerin ein strenges Regiment geführt haben. Der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft waren die offenbar systematischen Quälereien an der Ballettakademie - eine inzwischen 20-Jährige Ex-Schülerin berichtete der „New York Times“, sie wäre „wie ein Fußball“ getreten worden - seit längerem bekannt. Die Behörde war seit Dezember am Haus tätig.
Ein Lehrer ist zu Beginn der vergangenen Woche von der Staatsoper vorläufig suspendiert worden. Er soll einen 16 Jahre alten Schüler aufgefordert haben, an ihm geschlechtliche Handlungen vorzunehmen.
Bierlein leitet die Untersuchungskommission statt Holding-Chef
Die von Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) initiierte Sonderkommission zur Klärung der Vorwürfe gegen die Wiener Ballettakademie hat am Donnerstag zum ersten Mal getagt - und steht nun doch nicht, wie ursprünglich geplant, unter der Leitung von Christian Kircher, sondern von Verfassungsgerichtshofpräsidentin Brigitte Bierlein. Der Chef der Bundestheater-Holding gehört dem Gremium nicht einmal an.
„Die Kommission soll unabhängig und frei arbeiten können“, begründete Kircher den Schritt in einer Aussendung: „Ich werde deshalb dieser Kommission auch nicht angehören, sie dennoch als Geschäftsführer der Holding und als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Wiener Staatsoper mit allen Kräften unterstützen.“
Statt Kircher hat VfGH-Präsidentin Bierlein die Leitung des Gremiums übernommen. Bierlein soll auch den Aspekt Recht respektive Opferschutz in der Kommission verantworten.
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