"Wettkämpfe mag ich eigentlich nicht"

Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Nora Gomringer reagierte auf die Entscheidung überrascht.
Nora Gomringers Verlag veröffentlicht den Siegertext. Die Bachmannpreisträgerin im Interview.

Mit dem Text "Recherche" hat Nora Gomringer den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen - jetzt plant ihr Verlag die Veröffentlichung des Stücks. "Recherche" solle in den nächsten Tagen als E-Book erscheinen sowie im Herbst im bereits angekündigten Band "Ich bin doch nicht hier, um sie zu amüsieren", teilte der Verlag Voland & Quist am Montag in Leipzig mit.

Gomringer (35) und der Verlag arbeiten seit zehn Jahren zusammen. Der Gewinn des Bachmann-Preises sei "ohne Zweifel ein Höhepunkt". Die Jury in Klagenfurt hatte "Recherche" am Sonntag als vielstimmige "Verstörungskomödie" gelobt.

Am Tag nach ihrem Sieg beim in Klagenfurt kehrt Gomringer chon wieder in ihr Büro im Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg zurück. Schließlich leitet die Lyrikerin als Direktorin das Haus, das mit Stipendien internationalen Künstlern ein Jahr lang konzentriertes und ungestörtes Arbeiten ermöglicht.

Frage: Nach dem Sieg am Sonntag sagten Sie, Sie seien noch ganz benommen. Wie geht es Ihnen jetzt?

Nora Gomringer: Wir sind die ganze Nacht bis halb vier durchgefahren, insofern bin ich dauerbenommen. Aber ich bin da sehr pragmatisch und freue mich sehr, denke aber auch an all die Kollegen, mit denen ich die vergangenen Tage verbracht habe. Ich bin kein Typ, der jetzt die ganze Nacht Schampus trinken müsste. Ich bin beschenkt von der Freundlichkeit, die ich erfahren habe. Öffentlich ausgesprochener Neid wäre wirklich schwer zu handlen für mich, denn ich bin harmoniesüchtig. Jetzt geht es auch gleich ins Büro, es ist meine Aufgabe, fürs Haus da zu sein.

Wie geht Ihre künstlerische Arbeit jetzt weiter? Langeweile dürfte ja spätestens nach dem Preis nicht aufkommen...

Am Ende dieses Jahres werden sechs neue Bücher von mir erschienen sein, zwei sind bereits erschienen. In einem Monat etwa erscheint der Gedichtband "ach du je". Es ist viel los, ich leide nicht an Unterbeschäftigung. Allein in Klagenfurt musste ich drei Auftragstexte abliefern, etwa Vorworte, was mich auch sehr ehrt.

Beim Bachmann-Preis steht ganz klar der Wettbewerbscharakter im Vordergrund. Wie empfanden Sie die Situation?

Ich bin es gewohnt, in der Öffentlichkeit aufzutreten - ob vor fünf, 500 oder 5.000 Menschen, all das kenne ich. Ich fühlte mich in Klagenfurt im Studio sehr wohl, es las sich sehr angenehm. Dass die Leute mitlesen, auch gleichzeitig umblättern, das hatte eine gewisse Intimität: Es fühlte sich schön an, dass Leute da sind, die ebenfalls drin sind im Text. Wettkämpfe allerdings mag ich eigentlich schon seit den Bundesjugendspielen nicht.

Und trotzdem waren Sie jahrelang in der Poetry-Slam-Szene aktiv, wo der Wettkampf ja Programm ist?

Ja, Poetry Slam funktioniert aber nun einmal als Wettbewerb. Entweder man erträgt es oder man trennt sich - so wie ich vor zehn Jahren. In Klagenfurt aber war ich präpariert wie vor einem Wettkampf. Dann aber muss man alle Scheu ablegen. Es ging sehr gut, weil ich mit einem Team angereist bin - dann hält einem mal jemand eine Dose Cola hin, das ist sehr angenehm. Es war also das "Team Gomringer" am Start: Meine beiden Verleger, meine Assistentin, meine Mutter und mein Freund.

(Das Gespräch führte Kathrin Zeilmann/dpa)

ZUR PERSON: Nora Gomringer (35) wurde in Neunkirchen/Saar geboren und wuchs in der Nähe von Hof und in Bamberg in Oberfranken auf. Die Lyrikerin übernahm 2010 die Leitung des vom bayerischen Kunstministerium gegründeten Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg. Seit rund 15 Jahren ist sie als Lyrikerin bekannt und hat seitdem mehr als ein Dutzend Preise eingeheimst. Neben der Lyrik erschließt sie sich auch andere Felder - so erscheint etwa Ende des Jahres ein Bildband über die Bamberger Symphoniker mit Texten von Nora Gomringer.

INFO: nora-gomringer.de

Kommentare