"Das ist das Leben, das ich kenne"

"Das ist das Leben, das ich kenne"
Der deutsche Rapper Azad war für Dreharbeiten in Wien. Im Interview mit KURIER.at sprach er über seine Jugend und "Risse im Beton", dem neuen Film von Umut Dag.

Azad steht seit mehr als 15 Jahren für die harte Fraktion im deutschen Rapgeschäft. Der kurdisch-stämmige Frankfurter rappt über soziale Probleme, Drogen und Perspektivlosigkeit - Themen, die seine Jugend prägten und auch in "Risse im Beton" eine zentrale Rolle spielen. Der Film von Umut Dag erzählt die Geschichte eines 15-jährigen Jungen mit kurdischen Wurzeln, der mit Hilfe seines Rap-Mixtapes dem Leben auf der Straße entkommen will. Nachdem der österreichische Nachwuchsregisseur bereits vergangenes Jahr mit "Kuma" sein vielbeachtetes Kinodebüt feierte, widmet er sich auch in "Risse im Beton" den Problemen von Migranten in der österreichischen Gesellschaft. Produziert wird der Film von Wegafilm. Die Produktionsfirma kam erst kürzlich mit Michael Hanekes "Amour" zu Oscar-Ehren.
Azad wurde engagiert, um in Wien sich selbst zu spielen. Der junge Protagonist besucht im Film ein Konzert seiner Rap-Ikone aus Frankfurt. Rund 500 Jugendliche dienten am Montag als Statisten bei den Dreharbeiten, die gleich mit einem kleinen Konzert verbunden wurden. Der Erlös daraus wurde der Jugendorganisation backonstage gespendet.

Wir trafen Azad vor dem Konzert, um mit ihm über seine Rolle im Film und seine eigene Jugend zu sprechen.

"Das ist das Leben, das ich kenne"
KURIER.at: Sind die Erfahrungen des Jungen im Film auch welche, die Sie selbst gemacht haben?
Ja. Das meiste davon kenne ich auch. Sowohl aus meiner Erfahrung, als auch aus der Erfahrung der Jugendlichen in dem Stadtteil, in dem ich groß geworden bin. Dort ist das wirklich gang und gäbe. Und deswegen hat mich der Film auch so interessiert. Da wird ein Thema aufgegriffen, das wirklich Standard geworden ist. Die Jugendlichen, egal wo du hinguckst, versuchen sich mit kleinen bis großen Dealereien über Wasser zu halten und haben halt die Hoffnung, mit Rap das große Glück zu erreichen.

Wieso scheint eigentlich immer Hip Hop die bevorzugte Musik von Jugendlichen mit Problemen zu sein?
Rap ist eben die Musik der Jugend. Hip Hop und vor allem Rap spricht den Jungen aus der Seele, spricht die Themen an, die die Jugendlichen bewegen. Also in einem Pop-Song oder einem Techno-Song oder was weiß ich, werden diese Themen nicht angesprochen. Es ist einfach die Musikform, die ein Spiegel der aktuellen Geschehnisse ist. Und dadurch fühlen sich natürlich die Kids sehr angesprochen. Sie merken: Hey, das ist das Leben, das ich kenne. Und das ist dann natürlich ein viel direkterer Draht zur Jugend als die schon angesprochene andere Musik.

Die Einnahmen des Konzertes werden an die Jugendförderung "backonstage" gespendet. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Allein, dass sie Jugendlichen helfen, hat mir als Argument gereicht, hier zuzusagen. Weil ich wirklich denke, das Thema Jugend kommt zumindest in Deutschland – in Österreich hab ich ja nicht so den Überblick – zu kurz. Es gibt viele Dinge, die auch bei der Jugendarbeit schief gehen und generell wird einfach zu wenig getan. Viele Jugendliche sind wirklich auf dem falschen Weg. Die Gewaltbereitschaft steigt - und die Frustration steigt. Und wenn man hier ein bisschen mehr Geld hineinsteckt, um den Leuten Werte nahe zu legen und ihnen auch einen Ausweg zeigt aus den Problemen, die sehr viele Jugendliche haben, dann unterstütze ich das gerne.

Zum Film "Risse im Beton": Das ist ja jetzt eine kleine Rolle. Können Sie sich vorstellen, da künftig auch mehr zu machen?
Für mich war es auf jeden Fall eine Erfahrung wert. Ob ich da jetzt tiefer eintauchen will, wird sich zeigen.

Andere Kollegen aus Deutschland wie Sido (mit "Blutzbrüdaz", Anm.) oder Bushido (mit "Zeiten ändern dich", Anm.) haben ja auch schon eigene Filme gedreht. Gehört das mittlerweile schon zum Repertoire eines jeden Rappers?
Ne, das finde ich nicht. Also mir ist sowas egal. Was der Standard oder die Norm ist, hat mich noch nie interessiert. Ich mache das, was ich selber gut finde. Über die Jahre im Rapgame habe ich ja auch schon einige Drehbücher bekommen. Es war aber nie etwas dabei, was mich angesprochen hat.

Es ist ja eine österreichischen Produktion, und es ist natürlich ein Wiener Jugendlicher, der Sie bei Ihrem Konzert besucht. Wieso muss er zu einem deutschen Rapper aus Frankfurt gehen? Gibt es in Österreich keine ordentlichen Rapper?
Das müssen Sie natürlich den Regisseur fragen. Aber ich glaube, dass das ja eigentlich eine Rapszene ist. Deutschland, Österreich, Schweiz ist ja ein Sprachraum. Sprich, jeder deutschsprachige erfolgreiche Rapper betourt und bespielt alle Länder.

Das stimmt natürlich. Aber kennen Sie umgekehrt Namen in der österreichischen Szene, die auch in Deutschland bekannt sind?
Also spontan würde mir da auf jeden Fall Nazar einfallen.

Das wars schon?
Raf Camora ist auch ein sehr guter Junge aus Wien.

Link:
mobilejugendarbeit.at/back-on-stage

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