Aus Kunstkammer und Gruselkabinett

Aus Kunstkammer und Gruselkabinett
Kunsthalle Wien: Eine Schau würdigt das faszinierende Werk des PragerSurrealisten und Filmemachers Jan Svankmajer.

Kenner von Monty Python werden die Verwandtschaft sofort erkennen: Die absurden Animationen von Terry Gilliam, unverzichtbarer Bestandteil der TV-Comedy "Flying Circus" und zahlreicher Python-Filme, könnten direkt aus der Werkstatt des tschechischen Filmemachers und Surrealisten Jan Švankmajer stammen. Selbst die berühmten "Ritter, die Ni sagen" ähneln einem Charakter aus einem Švankmajer-Film, der als Teil eines Doku-Videos derzeit in der Kunsthalle Wien zu sehen ist.

Grusel

Aus Kunstkammer und Gruselkabinett

Die Schau "Das Kabinett des Jan Švankmajer", die das vielschichtige Werk des 1934 geborenen Vollbartträgers erstmals umfassend in Wien zeigt (bis 2. Oktober) , lässt das Lachen über seltsame Ideen allerdings oft ins Schaudern umschlagen. Jan Švankmajer ist ein Spezialist für das Unheimliche, und etliche Werke aus seinem Kuriositäten-Kabinett könnten sich nach dem Ausstellungsbesuch in dem einen oder anderen Albtraum wiederfinden.

Etwa das vogelartige Geschöpf, das Rinderkiefer als Flügel und Schneckenhäuser als Augen hat und dessen Schwanz eigentlich einem Hummer gehört. Oder der Film "Do pivnice/Down to the Cellar" (1982), in dem ein kleines Mädchen Kartoffeln holen soll und so ziemlich alles erlebt, wovor man sich als Kind allein im Keller fürchten kann. Die Düsternis und Leere der Schau - selten hingen im oberen Kunsthallen-Saal so wenige Objekte - verstärkt den Grusel noch.

Švankmajer, der seine Tätigkeit mit jener eines Alchemisten vergleicht, hat viele Werke aus seinen eigenen Träumen und aus seinen Kindheitserinnerungen destilliert. Trotzdem arbeitete er nie rein autobiografisch, sondern knüpfte auch an künstlerische Traditionen an.

Neben den Surrealisten verarbeitete er Vorlagen von Edgar Allan Poe und Lewis Carroll ("Alice im Wunderland), dazu verehrt er die Kunst, die um 1600 am Hof Rudolfs II. in Prag entstand: Neben den wundersamen Schatzobjekten, die heute großteils zur Wiener KHM-Kunstkammer gehören, haben es ihm die aus Tieren und Pflanzen zusammengesetzten Porträtköpfe des Malers Arcimboldo angetan.

In seinem Landhaus in Staňkov/Tschechien schuf Švankmajer seine eigene Wunderkammer, u.a. mit seltsamen Wesen aus Muscheln und Kürbissen. Dass er seine Vorbilder dabei oft direkt kopierte, war ihm herzlich egal: "Ich habe heute den ganzen Tag damit verbracht, einen neuen Arcimboldo zu machen", sagt er in einem Doku-Video ganz selbstverständlich.
Doch allein die Beharrlichkeit, mit der Švankmajer seinen Kosmos schuf, hebt ihn über den Status eines Nachahmers hinaus: In seiner Welt, die der von 1972- 80 mit Berufsverbot belegte Filmer lange gegen das kommunistische Regime verteidigen musste, entwickelte er quasi-wissenschaftliche Zusammenhänge und sogar einen eigenen naturwissenschaftlichen Atlas. Über die Vielfalt dieses Schaffens lässt sich eigentlich nur staunen.

KHM: Kunstschätze hoffen auf goldene Köpfe

Aus Kunstkammer und Gruselkabinett

Kein Kuriositätenkabinett, sondern ein museales Vorzeigeprojekt soll die neue Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien (KHM) werden. Doch beim derzeit wichtigsten Vorhaben des Museums (geplante Eröffnung: Dezember 2012) fehlt noch Geld. Generaldirektorin Sabine Haag startete daher am Montag eine umfassende Image- und Spendenkampagne.

15,06 Millionen Euro wurden seitens des Bundes zugesagt, von den vereinbarten 3,5 Millionen Euro an Sponsorgeldern habe das KHM zwei Drittel schon lukriert, so Haag. Der Rest soll nun u.a. durch goldene Helme zustande kommen: Solche sind ab sofort um 49 Euro im KHM-Shop und online zu erstehen, vom Erlös kommen 21 Euro der Kunstkammer zugute. Weiters können Spender u.a. per SMS (0664/66 00 110) , durch eine Objektpatenschaft oder durch Großsponsor-Verträge helfen.

In einem Container, der bis zur Eröffnung vor dem KHM stehen soll, will das Museum mit Videos begreifbar machen, wie die Objekte aus der weltweit renommierten Sammlung dereinst wirken werden. In den Räumlichkeiten selbst ist die Sanierung bereits im Gange, u.a. wurden die Voraussetzungen für eine energiesparende Klimatisierung geschaffen.

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