Auf Tuchfühlung mit einem Genie und seiner Gemeinde

Auf Tuchfühlung mit einem Genie und seiner Gemeinde
Mathieu Amalric präsentiert sein Langzeit-Porträt über den Musiker John Zorn am 1. Mai in Wien

„Es geht um alles, was in einem menschlichen Wesen vorhanden ist: Neurosen, Ego, Belanglosigkeiten und unglaubliche Sensibilität. Solidarität, kreative Energie, Enthusiasmus.“

Das Zitat ist zu Beginn des Films „Zorn II“ eingeblendet – in der Mitte jenes dreiteiligen Filmwerks, das sein Schöpfer Mathieu Amalric am Mittwoch (1. 5.) im Wiener Metro-Kinokulturhaus erstmals in seiner Gesamtheit im Kino präsentieren wird. Seit 2010 taucht der französische Schauspieler („Ein Quantum Trost“) und Regisseur („Serre-moi fort“) immer wieder in den Kosmos des Musikers und Komponisten ab, der zwischen Avantgarde-Jazz, Noise-Rock und Neuer Musik ein enorm facettenreiches Oeuvre geschaffen hat.

Auf Tuchfühlung mit einem Genie und seiner Gemeinde

Amalrics Langzeitstudie verrät wenig über Zorns Werdegang, seine Einflüsse oder gar sein Privatleben – der Musiker, der vergangenen September 70 Jahre alt wurde, scheint vielmehr ganz in seinem Tun aufzugehen. Was die Filmtrilogie aber in herausragender Weise vorführt, ist die Art und Weise, in der Zorns Musik durch Interaktion entsteht. „Ich schreibe nicht Musik, um irgendeine Idee zu realisieren, die mir vorschwebt“, sagt der meist in schlabbrige Camouflage-Tarnhosen gekleidete Komponist an einer Stelle des 3. Teils zu seinen Musikern: „Ich schreibe sie, damit Leute wie ihr euch denkt: What the fuck!

Ausgehend von der New Yorker Downtown-Szene hat Zorn eine treue Gemeinde um sich geschart, mit der er Ideen umsetzt (Querverbindungen dieser Community zu Zorns Beschäftigung mit jüdischer Kultur würden eine eigene Doku verdienen). 

Zu Personen, die Kennern des Zorn-Universums wohl bekannt sind (die Gitarristen Marc Ribot und Julian Lage, Trompeter Dave Douglas, Sänger Mike Patton...), gesellt sich in Teil 3 die Sopranistin Barbara Hannigan hinzu – nicht ganz zufällig Mathieu Amalrics Lebensgefährtin. Ihre Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer Zorn-Komposition fügen der Erzählung eine Facette hinzu, die den Raum zwischen genialer Idee und musikalischem Handwerk erhellt. „Perfektion ist statisch, Musik ist dynamisch“, wird Zorn dabei weise sagen. Man hätte sich eine vergleichbare Doku über Beethoven gewünscht.

John Zorn tritt mit seinem „New Masada Quartet“ am 30. 4. im Porgy & Bess auf (ausverkauft). 

"Jon Zorn I/II/III" wird im Metro Kino Wien, im Royalkino Graz, im Moviemento Linz, im Filmstudio Villach und im Programmkino Wels gezeigt. Spieltermine & Infos auf www.filmgarten.at/zorn.

 

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