ATV-Verkauf an ProSieben mit Auflagen möglich

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Der Chef der Wettbewerbsbehörde sieht den Verkauf mit geeignet Auflagen möglich. Die Zusammenschlussanmeldung soll nächste Woche erfolgen.

Ein Verkauf des Privatsenders ATV an die deutsche ProSiebenSat.1-Gruppe, zu der auch der österreichische Sender Puls 4 gehört, ist möglich. "Ich bin zuversichtlich, dass der Zusammenschluss mit Ablauf der Frist (Phase I) mit geeigneten Auflagen freigegeben werden kann", erklärte der Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Theodor Thanner, am Donnerstagabend in einer Aussendung.

Einfache Freigabe nicht möglich

"Die vorgeschlagenen Auflagen der Zusammenschlusswerber erscheinen geeignet, die wettbewerbsrechtlichen Probleme und die Themen zur Medienvielfalt zu lösen", heißt es in der Mitteilung weiter. Allerdings: "Eine einfache Freigabe des Zusammenschlusses ist nicht möglich da ProSiebenSat.1PULS4 erhöhte Marktanteile aufweist."

Die BWB bestätigte auch, dass gemeinsam mit dem Bundeskartellanwalt und der Medienbehörde KommAustria "umfangreiche Pränotifikationsgespräche" mit dem deutschen Fernsehkonzern gelaufen sind. Diese wurden nun beendet. Es wird erwartet, dass die formale Zusammenschlussmeldung nächste Woche erfolgt und wenige Tage später die Auflagen veröffentlicht werden.

ProSieben-Gruppe schon jetzt (Werbe-)marktbeherrschend

Das Kartellrecht sieht vor, dass ein potenzieller Marktbeherrscher ab einem Anteil von mindestens 30 Prozent am relevanten Markt beweisen muss, doch nicht marktbeherrschend zu sein.
Laut den Bruttowerbeumsätzen von Focus Media Research, die allerdings keine Preisnachlässe berücksichtigen, hatte ProSiebenSat.1-Puls 4 2016 einen Marktanteil von 36,6 Prozent und ATV einen von 6,2 Prozent.

Der öffentlich-rechtliche ORF ist mit einem Anteil von 30 Prozent die Nummer zwei. IP, der Vermarkter der RTL-Gruppe, kommt auf 21,5 Prozent. Die weiteren Player sind der Vermarkter Goldbach (u.a. VIVA, DMAX, Comedy Central, Nickelodeon) mit 3,4 Prozent und Servus TV mit 1,9 Prozent.
Am Sehermarkt sieht die Situation etwas anders aus. Im Gesamtpublikum (Zielgruppe 12+) ist der ORF mit 35,1 Prozent klar vor ProSiebenSat.1-Puls 4 mit 17,5 Prozent und ATV mit 3,1 Prozent. Selbst in der Werbezielgruppe der 12- bis 49-Jährigen ist der ORF laut Teletest noch knapp Marktführer mit 26,9 Prozent.

Auch am Sehermarkt droht Dominanz

Mit dem Kauf von ATV würde der Marktanteil von ProSiebenSat.1-Puls 4 in der Werbezielgruppe von 26,1 auf 30,3 Prozent und so den ORF überholen. In der Zielgruppe der 12- bis 29-Jährigen führt die ProSiebenSat.1-Gruppe schon ohne ATV.

Zu Wort meldeten sich auch die Zeitungsverleger: Der Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ), KURIER-Geschäftsführer Thomas Kralinger, plädierte für eine breite Prüfung: „Es wird die Aufgabe der Wettbewerbsbehörde sein, diese Veränderungen bei der Verteilung des Werbekuchens, und zwar nicht nur innerhalb des Fernsehbereichs, sondern innerhalb des Gesamtmarktes, zu beurteilen .“

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