Elisabeth Kulmans Initiative schlägt Wellen

Frühstück am Sonntag mit Elisabeth Kulman und ihrem Lebensgefährten Georg Breinschmid
Bei der Diskussion in Salzburg wurde von "ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen" in vielen künstlerischen Sparten berichtet.

Verdienen Künstler zu wenig? Braucht es eine "Revolution der Künstler?" Elisabeth Kulman hat diese Frage aufgeworfen und eine breite Diskussion darüber losgetreten. Die Mezzosopranistin und Altistin war heuer im "Falstaff" bei den Salzburger Festspielen auf der Bühne zu erleben. Als kämpferische Initiatorin und Sprecherin der Bewegung "art but fair" stößt Kulman mit ihrer kulturpolitischen Initiative auf verblüffend hohe Resonanz. Vor allem auf Facebook. Aber auch die Internetplattform (http://artbutfair.org) ist 11.500 mal angeklickt worden und soll im September um einen realen Verein zur Bekämpfung sozialer Missstände in der Kunst erweitert werden. Bedarf dafür scheint es zu geben, wie bei einer Podiumsdiskussion gestern, Donnerstag, Abend im Salzburger Schauspielhaus deutlich wurde.

Der Rotary Club Salzburg Land hatte zu dieser Diskussion geladen, und das Foyer des Schauspielhauses war gesteckt voll mit Künstlern, Interessierten und Betroffenen. Kulman, die nicht bezahlte Proben bei den Festspielproduktionen in den Mittelpunkt ihrer Kritik gestellt und sich öffentlichkeitswirksam mit Intendant Alexander Pereira angelegt hatte, berichtete von "tausenden Beispielen von amoralischen und ausbeuterischen Beschäftigungsverhältnissen", die ihr via Facebook zugetragen wurden und nachzulesen sind. "Täglich trudeln neue Beispiele ein. Der Idealismus macht uns Künstler ausnutzbar", so Kulman, die betonte, dass sich Sänger von kleineren Rollen auch bei den Salzburger Festspielen "absolut keine goldenen Nase verdienen" würden.

"Paar hundert Euro pro Musiker"

Auch Peter Sigl, Cellist im Österreichischen Ensemble für neue Musik (öenm), sagte, "natürlich gibt es für manche Stars märchenhafte Gagen bei den Festspielen, von denen ich drei Jahre lang leben könnte. Aber wenn wir mit dem öenm bei den Festspielen auftreten, dann bleiben oft nur ein paar hundert Euro pro Musiker", argumentierte Sigl und erzählte von touristischen Kulturangeboten wie den "Schlosskonzerten" in Salzburg, die für gutes Eintrittsgeld permanent ausgebucht seien, während die Musiker auf der Bühne zwischen 20 und 92 Euro Gage pro Konzert verdienten.

26 Euro pro Drehtag

Auch Regisseur und Moderator Peter Arp berichtete von Schauspielern, die ganze 26 Euro für einen Drehtag von einer Filmproduktionsfirma bekommen würden, und dann nicht einmal die Toilette aufsuchen dürften. Und von Theater-Schauspielern, die in einem Sommertheater pro Probetag selbst 80 Euro bezahlen mussten, weil die Theaterleitung die Proben als Coaching für Schauspieler deklarierte. Literatur-Verlegerin Mona Müry erzählte von Autoren, die fürs Verlegen von Büchern bezahlen, "ja, das kommt öfter vor, als man es sich vorstellen mag."

Ins Zentrum der Kritik geriet gestern Gustav Kuhn, Dirigent, Regisseur und alleiniger Impresario der Tiroler Festspiele in Erl. Obwohl dieses Festival mit Hans Peter Haselsteiner über einen Generalsponsor verfügt, seien die Gagen für Orchestermusiker skandalös, wie Reinhard Koll, Geiger im Tiroler Symphonie Orchester erläuterte: "In Erl spielt ein Orchester aus Minsk für 35 Euro pro Tag. Die Musiker haben nur mündliche Verträge und müssen für dieses Geld sieben bis zwölf Stunden lang durchproben, 24 Stunden lang Wagners 'Ring' in einem Stück spielen und sich dann von Kuhn auch noch verhöhnen und demütigen lassen." Auch Kulman berichtete von "respektloser Behandlung von Künstlern" durch Gustav Kuhn, der diesen Vorwurf in einer TV-Talkshow vehement dementierte.

Positives

"Aber es gibt auch Positives zu berichten", so Kulman bei der Diskussion im Schauspielhaus. "Die Salzburger Festspielpräsidentin und kaufmännische Leiterin Helga Rabl-Stadler, mit der wir vor wenigen Tagen über 'art but fair' gesprochen haben, scheint mit uns zu sympathisieren. Jedenfalls hat sie versprochen, dem Nachfolger von Alexander Pereira (verlässt Salzburg im September 2014, Anm.) unsere Anliegen wohlwollend vorzutragen. Das ist doch ein gutes Zeichen."

"art but fair"-Bericht bei ZDF aspekte

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