Scala-Chef findet Buhrufe gegen Anna Netrebko „unfaire Manipulation“
Dominique Meyer verteidigt Netrebkos Leistung und kritisiert Altersgrenze für Kulturmanager.
Der scheidende Scala-Intendant und ehemalige Chef der Wiener Staatsoper, Dominique Meyer, kritisiert die vereinzelten Buhrufe gegen die russische Sopranistin und Wahlösterreicherin Anna Netrebko bei derjüngsten Premiere in Mailand. „Die Buhrufe richteten sich nicht gegen Netrebkos Leistung, die einfach außergewöhnlich war, sondern weil sie Russin ist. Eine unfaire Manipulation“, kritisierte Meyer.
Er beklagte sich auch über eine seit 2023 in Italien geltende Regel, laut der Theaterchefs mit 70 Jahren in Pension gehen müssen. Wegen dieser Vorschrift konnte Meyer, der am 8. August 2025 70 Jahre alt wird, keine zweite Amtszeit an der Scala antreten und muss jetzt dem italienischen Kulturmanager Fortunato Ortombina das Ruder des Mailänder Theaters überlassen.
„In dem Moment, als ich einen Gewinn von fast 9 Millionen Euro ankündigte, was an der Scala noch nie vorgekommen war, habe ich erfahren, dass ich aufhören musste. Ich finde diese Regel, die vom ehemaligen Kulturminister Gennaro Sangiuliano gefordert wurde, ziemlich bizarr“, beklagte sich Meyer im Interview mit der römischen Tageszeitung La Repubblica (Montagsausgabe).
„Ich arbeite 90 Stunden pro Woche“
„In Italien kann man Staatsoberhaupt oder Senatspräsident werden, wenn man weit über 70 Jahre alt ist. Für einen für die Staatskassen weit weniger belastenden Posten wie den eines Theaterdirektors gibt es eine Altersgrenze. Ich arbeite 90 Stunden pro Woche und zwar mit der gleichen Energie wie vor 20 Jahren“, betonte der ehemalige Chef der Wiener Staatsoper.
Meyer erklärte sich über seine letzte Scala-Premiere mit Verdis „La forza del destino“ am Samstag sehr zufrieden. „Das Orchester hat unter der Leitung von Riccardo Chailly sehr gut gespielt und der Chor hat dank der hervorragenden Arbeit seines Maestros Alberto Malazzi ein außergewöhnliches Niveau erreicht. Aber auch die Bühnenarbeiter haben Tolles geleistet. Die Szenenwechsel sind sehr anspruchsvoll“, erklärte der Franzose.
Seine letzte Premiere habe er vorbereitet und entwickelt, ohne zu denken, dass sie seine letzte sei. „Ich habe wie ein guter Soldat gearbeitet. Mit der Freude zu sehen, wie lebendig die Oper ist und wie sehr sie in die Zukunft blickt. Ich habe es an dem Generationswechsel im Chor und im Orchester gesehen“, so Meyer. Seine Amtszeit endet am 28. Februar. Danach übernimmt er die Leitung des Orchestre de Chambre von Lausanne.
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