Anna = Aida: Eine ideale neue Netrebko-Rolle

Anna Netrebko als Aida und Luca Salsi als Amonasro.
Umjubelte Verdi-Premiere mit großem Netrebko-Debüt bei den Salzburger Festspielen.

Lassen wir nun den Hype, der schon im Vorfeld betrieben wurde, beiseite. Und auch die gigantisch hohen Summen, die für letzte verfügbare Karten geboten wurden. Konzentrieren wir uns endlich auf das, worauf es ankommt: Auf die künstlerischen Leistungen.

Diesbezüglich sei gleich festgestellt: Anna Netrebkos Rollendebüt als Giuseppe Verdis Aida gestaltete sich phänomenal. Eigentlich gestaltete es sich nicht wirklich (dafür waren die inszenatorischen Rahmenbedingungen zu mickrig), es wurde von Netrebko gestaltet, quasi im Alleingang. Aber bei ihr wirkt, wie bei kaum jemand anderem, alles natürlich.

Netrebko ist als äthiopische Königstochter ideal. Anna = Aida. Als hätte sie diese Rolle immer schon gesungen. Ihre Höhen sind klar, ausdrucksstark. In der Tiefe kommt ihr traumhaft schönes Timbre voll zur Geltung. Und in der Mittellage rundet sich alles zu einem kompakten Gesamtgesangswerk. Sie ist als Aida dramatisch genug, dann wieder prachtvoll lyrisch – und stets berührend.

Dieses Debüt bei der Großpremiere im Großen Festspielhaus hätte (für sie) nicht besser ausfallen können. Mit dieser Partie ist sie in einem neuen Fach angekommen, das Hörern noch viel Freude bereiten wird.

Franceso Meli als Radamès an ihrer Seite singt auch besonders schon, nie kraftmeierisch, herrlich phrasierend, mit viel Italianità. Ekaterina Semenchuk als Amneris wird von Akt zu Akt besser und am Ende sogar sehr gut. Luca Salsi ist ein stimmlich nobler Amonasro.

Riccardo Muti am Pult der wieder famos spielenden Wiener Philharmoniker sucht und findet das Kammermusikalische in diesem Werk. Die dynamische Differenzierung, die mitreißenden Tempi, die vielen Farbschattierungen sind beeindruckend. Manches bleibt aber Stückwerk und wird kein dramaturgisches Ganzes. Dass es ausgerechnet beim Triumphmarsch wackelt, passt zur Negation des Heroischen bei dieser Lesart.

Auch Regisseurin Shirin Neshat versucht mit Hilfe eines weißen, nicht sehr ästhetischen Einheitskubus eine allgemeingültige, nicht sehr heldenhafte Geschichte zu erzählen. Was dabei herauskommt ist enttäuschend. Aber mehr darüber morgen.

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