Angelika Reitzer: Trauer vor der Waschmaschine

Angelika Reitzer: Trauer vor der Waschmaschine
Wieso fühlt man sich schlecht? So durchschnittlich? Die Grazer Romanautorin über die unzufriedene Barbara.

Wenn es Leute  – sagt eine neue Studie – nicht  einmal aushalten, fünf Minuten still zu sitzen und zu schauen, in den Himmel zu schauen zum Beispiel oder auf einen Baum, wenn sie nervös werden und frühzeitig aufspringen ...
DAS sind nicht die Leser der gebürtigen Grazerin Angelika Reitzer (Foto), die sich Zeit nimmt, eine Geschichte zu entwickeln – eine Liebe zu entwickeln, mit dem ersten Rendezvous bei den Gelsen am Hanslteich in Wien,  der ersten Wohnung, das erste Kind, es werden noch zwei Kinder folgen, es wird ein Häuschen im Grünen (in Maria Ellend) folgen ... Man war doch immer Revoluzzer! Man will doch immer noch Revoluzzer sein, aber mit ordentlich Geld, wenn möglich.
Und mit Familienglück.

Manchmal übertreibt es Angelika Reitzer in „Obwohl es kalt ist draußen“ mit ihrem ... Tempo und ihrer Weigerung, mit Dialogen etwas Schwung zu bringen. Aber sie  dringt auch so zur Frage vor: Wieso fühlt „man“ sich schlecht, weil so durchschnittlich,  und warum mit seinem Glück so unzufrieden?
Wieso riskiert „man“ – nie aufhörend, den aufgegebenen Träumen nachzutrauern –  so viel?
Barbara war Anfang 30, als sie erstmals mit Ante (Anfang 40) zusammentraf. Er jobbte als DJ. Als Model in London stand Barbara früher im Mittelpunkt, als  Sozialarbeiterin jetzt nicht mehr so sehr, als Mutter und Ehefrau in Maria Ellend später auch nicht mehr, und wahrscheinlich kommt daher der zerstörerische Drang, der sich wie ein Schatten aufs Leben legt:
Aus großer Höhe will sich Barbara hinunterstürzen.
Zitat:
„Sie wusch Wäsche.
Wie sich die Trommel der Waschmaschine in Barbaras Küche drehte, ächzte. Dazu das Geräusch des Regens, der in den Innenhof fiel. Es hörte sich in ihrer Wohnung immer stärker an als draußen, oft war sie davon überrascht, wie leicht der Regen war-wenn sie das Haus verließ.“
Zitat Ende.
Monotonie hat auch schöne Momente. Manchmal. Selten. Im Buch etwas öfter als im Leben.

 

Angelika
Reitzer:

„Obwohl es kalt ist draußen“
Verlag Jung und Jung.
212 Seiten.
20 Euro.

KURIER-Wertung: ****

 

 

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